Rezension

Local Natives

Gorilla Manor


Highlights: Airplanes // Sun Hands // Camera Talk // Who Knows Who Cares
Genre: Indie // Folk // Pop
Sounds Like: Grizzly Bear // The Acorn // Fleet Foxes // Yeasayer //The Dodos // Arcade Fire // Ra Ra Riot // Animal Collective // Vampire Weekend

VÖ: 29.01.2010

Bei der Beurteilung eines Albums neigt man gerne dazu, den Kontext mit einzubeziehen, in dem sich das Werk zu behaupten hat. Man steckt das Feld ab, in dem sich die Musik stilistisch bewegt, stellt Vergleiche mit etwaigen Vorgängeralben an und lässt das Album gegen die Konkurrenten des Genres antreten. So kommt es, dass ein Faktor, der mit dem Album selbst nichts zu tun zu haben scheint, durchaus eine tragende Rolle bei seiner Rezeption zukommt. Ob ein Album als genreprägender Meilenstein gefeiert oder als überflüssiger Aufguss von Altbekanntem abgetan wird, hängt nicht unerheblich vom Zeitpunkt seines Erscheinens ab.

Beim Debütalbum der aus Los Angeles stammenden Local Natives handelt es sich um ein Album, bei dem man nicht umhin kommt, sich über solche Fragen Gedanken zu machen. „Gorilla Manor“ ist nämlich ein Album, das eigentlich alles richtig macht und doch nicht komplett überzeugen kann, weil man sich beim Hören zu oft an andere Bands erinnert fühlt. Ein direkt auffallendes Element ist beispielsweise der Chorgesang, mit dem die Kalifornier hier aufwarten. Die zahllosen Bands der letzten Jahre aufzuzählen, die für ihre aufwendig angelegten Gesangsparts bewundert wurden, ist eine müßige Angelegenheit. Die Local Natives verstehen es aber besonders geschickt, den mehrstimmigen Gesang in ihre Songs einzubauen, ohne dass er zum Blendwerk verkommen würde, das dazu dient, Schwächen im Songwriting zu überdecken. Das sphärisch beginnende „Sun Hands“, in dem der Chorgesang unvermittelt in kollektives Geschrei umschwenkt, ist ein Paradebeispiel für die verspielten Ideen der Band. Mit rotzigen E-Gitarren und einem schon fast aggressiv knüppelndem Schlagzeug zerschlägt die Band alles, was zuvor sorgfältig aufgebaut wurde, um letztlich doch wieder reumütig den Wohlklang zu suchen. Wie Wellen erheben sich die Songs, die für sich genommen allesamt großes Hitpotential in sich tragen, aus der Gesamtheit des Albums. Die Melodien sind alle sorgfältig ausgearbeitet und werden von Kelcey Ayer und Taylor Rice mit einer erfrischenden Klarheit gesungen, die in den hohen Tonlagen leicht soulig klingt – insbesondere wenn in Songs wie „Who Knows Who Cares“ Klavier, Bass und Schlagzeug einen besonders lässigen Groove erzeugen. Gerade das Schlagzeug spielt als Gegenpol zum sanftmütigen Gesang eine wichtige Rolle bei den Local Natives. So wird beispielsweise das melodieselige „Stranger Things“ durch unnachgiebiges Getrommel aus dem Hintergrund um eine entscheidende Facette reicher.

Wirklich zu Schulden kommen lassen sich Local Natives auf ihrem Debütalbum nichts, eigentlich lassen sich auch keine Schwächen an diesen Songs finden, die nicht nur in sich schlüssig, sondern auch hervorragend aufeinander abgestimmt sind. Die fünf Kalifornier machen handwerklich einwandfreie Musik, die auch mit viel Herzblut dargeboten wird, jedoch ist die stilistische Nähe zu den großen Indie-Bands der letzten Jahre einfach zu groß. Es klingt zwar nie nach genau dieser oder jener Band, allerdings sind die einzelnen Versatzstücke, mit denen die Local Natives hier arbeiten, gerade in letzter Zeit zu oft dagewesen, als dass man bei „Gorilla Manor“ in hemmungslose Begeisterungsstürme ausbrechen würde. Man spürt aber, dass man es hier mit einer reichlich talentierten Band zu tun hat. Die fünf Kalifornier sind ausgezeichnete Musiker und haben ein Gespür für fesselnde Melodien und atmosphärische Arrangements. Mit etwas Mut zur Eigenständigkeit könnte der Nachfolger der ganz große Wurf werden.

Kilian Braungart

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