Rezension

Hercules And Love Affair

Omnion


Highlights: Controller // Rejoice // Lies // Wildchild
Genre: Elektropop // Synthiepop
Sounds Like: Hot Chip // LCD Soundsystem // Whomadewho // Röyksopp // M83

VÖ: 01.09.2017

Man kommt ja nicht umhin, Hercules And Love Affair zu würdigen, ohne etwas über die Livequalitäten des Projektes um Andy Butler zu schreiben. Also: Hercules And Love Affair sind eine unfassbar gute Liveband. Eine wilde Mischung aus Disco, Techno, Kostümball, Trash und Queerparty. Wo immer sie aufschlagen, lohnt es sich, hinzugehen. Durch Butlers sehr offene Art, mit Homosexualität umzugehen und sich Gesangspartnerinnen aus der LGBT-Szene einzuladen, ziehen Hercules And Love Affair natürlich auch ein Publikum, welches bunter kaum sein könnte. Für „Omnion“ steht nun der schwierige Schritt an, diese Ekstase irgendwie so zu verpacken, dass man ein Stück davon auch zu Hause erleben kann. Eine Variante wäre, einfach ein Stück vom Live-Bombast-Geballer, das es bisweilen ist, zu konservieren. Doch Butler und Co. wählen eine andere.

Klar ist „Omnion“ bis in den hintersten Takt hinein ein Album, das auch im Club funktionieren kann und wird, dennoch setzt die Platte andere Akzente. Clever verschachtelter Elektropop, feingliedrige Melodien und ein weites Feld an Gästen machen „Omnion“ so interessant. Man merkt zudem, dass Butler nach Jahren des Exzess, gerade um die ersten Veröffentlichungen herum, mittlerweile clean ist und dies mit Spielfreude kompensiert.

Der Titeltrack und Opener etwa schaltet erst einmal zwei, drei Gänge zurück. Wie Glitzerfäden fallen die Discobeats von der Decke, ehe Sharon von Etten den Gesang des verträumten Midtempostückes übernimmt. Ganz anders dagegen „Controller“, gesungen von Badwan Faris (The Horrors), welches auf der Depeche-Mode-Retro-Welle mitschwimmt. Sowieso, die 1980er-Jahre. Angel- und Fixpunkt von „Omnion“. Butler kultiviert den Disco- und Wave-Sound dieser Zeit erneut und ebenfalls erneut gelingt es ihm, authentische, neue Musik zu schaffen statt zu kopieren. „Rejoice“ ist so ein Beispiel dafür. Ein Tanzflächenkiller. Zwar noch Meilenweit vom Übersong „Blind“ entfernt, dennoch ein Kracher, auch hier.

Thematisch ist „Omnion“ an vielen Stellen nachdenklicher und persönlicher, als es der erste Eindruck zulässt. Der künstlerische Hintergrund der Stücke ist vielfältig, dreht sich aber neben dem persönlichen Schicksal Butlers (welches er selbst in „Fools Wear Crowns“ besingt) auch um aktuelle Themen wie Flucht, Rechtsruck, Fakenews und eine Rückkehr in Zeiten der Intoleranz. Ob diese Statements ankommen, darf angesichts des musikalischen Korsetts, in dem sie stattfinden, bezweifelt werden, dennoch lohnt sich hier ein Blick hinter die Beatkulissen.

Klaus Porst

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"Omnion"

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