Rezension

Donots

The Long Way Home


Highlights: Forever Ends Today
Genre: Indierock
Sounds Like: Beatsteaks // Billy Talent // The Killers // Blink 182

VÖ: 26.03.2010

Die Wirtschaftskrise durchstehen? Weltfrieden? Leverkusen wird Deutscher Fußballmeister? Alles kein Problem, mag man sich denken, anhand einer wirklich unlösbaren Aufgabe: Jemanden finden, der bekennender Fan der Donots ist. Erster aussichtsreicher Kandidat: Der Mitbewohner, zu dessen Lieblingsbands immerhin Rammstein zählen. Ergebnis: Gelächter und geschlossene Tür. Zweitens die Freundin: „Wenn du das bei mir anmachst, verlass ich dich“. Sitze also nun mit Kopfhörern hier und hoffe inständig, dass kein Ton in die Umgebung gelingt. Facebookfreunde, ICQ-Bekannte, Arbeitskollegen, Mitredakteure. Auf einmal fühlt man sich sehr aussätzig. Welcher Dämon wurde denn dort beschworen? Den Reaktionen zufolge ist man als jemand, der die Donots hört, mindestens pubertär, normalerweise aber Schlimmeres. Die Frage ist nun: Sollte man sich auf die Seite der Gescholtenen stellen und vielleicht ein bisschen Mitleidssympathie entwickeln? Dann das: Besuch in München, U-Bahn. Rolltreppe, viele Stufen. Alle zwei Meter ein Werbeplakat. Natürlich betreffend „The Long Way Home“. Im kostenlosen Stadtmusikmagazin Augsburgs wird die Band auch einigermaßen abgefeiert. Wenn es also jemand verdient hat, die Donots hören zu müssen, dann Bayern? Zweifel. Vielleicht doch einmal anhören. Möglichst ohne Vorurteile.

„Changes“ dröhnt es einmal also zuerst um die Ohren. Schöner Titel. Vor allem im Bezug auf die Donots. Könnte ja alles besser geworden sein als früher, als man mit den H-Blockx, Emil Bulls und 4Lyn quasi die vier Apokalyptischen Reiter des Deutschpunkrock bildete. Es geht los. „We’re getting better day by day // we grow and rise up when we fall // so let the changes stay the same // and someday we’ll be ten feet tall // is it the world or is it you? // nothing changes“ als stadiontauglicher (Regionalliga abwärts) Gröhltext. Bleibt also alles anders. Dahin, schöne Illusion. Und noch 33 Minuten übrig. Es folgt „Calling“. Natürlich wieder mit“sing“tauglich und rockradiokompatibel. Im Zuge der Veränderung hat die Band mittlerweile eine ordentliche Spur Synthies eingebaut. „Forever Ends Today“ klingt ein bisschen nach Achtziger-Rockballade, ein bisschen nach The Cure, ein bisschen nach Bon Jovi. Merkwürdigerweise funktioniert das alles größtenteils gut zusammen. Doch mal kurzzeitig an der Grenze zu hörbarem Rock gekratzt. Allerdings gibt es direkt darauf die Kehrtwende. „High And Dry“ – wie gemacht für einen Coca-Cola-Werbespot und genauso ungesund.

Irgendwann einmal, als die Donots herausgefunden haben, wie dieser Effekt funktioniert – trotz einer einzigen Gesangslinie alles so klingen zu lassen, als würde ein dreißigköpfiger Seemannschor dazu gröhlen – war es wohl um sie geschehen. bdquo;Marktlücke entdeckt, das machen wir jetzt immer so und damit es wirklich echt klingt, bauen wir in jedem Refrain noch einen dreißigköpfigen gröhlenden Chor ein.“ So in etwa muss das abgelaufen sein. Und als Schmankerl obendrauf gibt es in „Dead Man Walking“ noch ein Tubasolo. Also doch Bayern, die Donots im Festzelt auf dem Oktoberfest mit mehreren hundert debil mitklatschenden Volltrunkenen. Noch fünf Songs. Schnell zusammenfassen: Die Donots sind jetzt komplett im Indierock gefangen. Die Referenzen heißen nun Beatsteaks, Billy Talent, Blink 182, was allerdings immer noch kein Kompliment ist, für keine der beiden Seiten. Anders als noch um 2000 herum klingen die Donots schon, allerdings nicht unbedingt besser.

Klaus Porst

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