Rezension

Does It Offend You, Yeah?

You Have No Idea What You're Getting Yourself Into


Highlights: With A Heavy Heart (I Regret To Inform You) // Dawn Of The Dead // Weird Science
Genre: Elektroclash
Sounds Like: Justice // Death From Above 1979 // Crystal Castles // The Whip // Digitalism

VÖ: 11.04.2008

Da ist sie nun also, des Elektroclash-Revivals zweite Welle. Was letztes Jahr mit den Klaxons als „New Rave“ in allen erdenklichen Farben (Hauptsache neon) die Indiediscos stürmte, muss heuer beweisen, wie es um seine Halbwertszeit bestellt ist. Scheinbar kein Problem für die Nachhut, die in Form von Hadouken!, The Whip, Crystal Castles und eben Does It Offend You, Yeah? schon in den Startlöchern steht. Nur Trittbrettfahrer oder doch Stempelaufdrücker? Todesurteil für den Bastard aus Laptop und Gitarren oder den Meißel schon an der Ahnentafel der Musikgeschichte angesetzt?

Does It Offend You, Yeah? packen sowieso lieber den Laser aus. Wozu auch mit umständlichen Verschnörkelungen aufhalten? „With A Heavy Heart (I Regret To Inform You)“ klingt, als hätte jemand wie ein Berserker den nächsten House-Club gestürmt, den DJ verprügelt und danach noch gepflegt die Tanzfläche vollgekotzt. Straighter und aggressiver geht kaum noch. Moshpit in der Disco – impossible is nothing. Die Räumlichkeiten dafür hatten Dan und James, die beiden Producer-Köpfe der Band, als Clubbetreiber jedenfalls ohnehin schon zur Hand, zogen es aber dennoch vor, Teile ihres Albums in einer Wohnung aufzunehmen, die diese Bezeichnung eigentlich gar nicht verdient hatte, und noch dazu erbärmlich nach Katzenurin stank.

Dreckig – so klingt auch „Weird Science“ – einer der an besagtem Ort aufgenommen Songs. Kommt als einer von wenigen Tracks komplett ohne konventionelles Instrumentarium aus, und ist so herrlich zerstört und knarzig, dass es schon wieder stark ist. Trotzdem sollte die Jungs mal jemand darauf aufmerksam machen, dass Vocoder sich scheiße anhören. Kratzen wird es sie allerdings wenig. Does It Offend You, Yeah? strecken der Hochglanz-House-Kultur den blanken Hintern entgegen, zertrümmern alte Spielkonsolen auf dem Boden, und geben das Resultat ins Presswerk. Frei erfunden, und doch so nah dran.

Und wer bitte glaubt mir nach diesem Einstieg jetzt noch, dass Does It Offend You, Yeah? auch 1A-80s-Elektropop drauf haben? Stimmt aber trotzdem: „Dawn of The Dead“ und „Being Bad Feels Pretty Good”, verschaffen dem Album immerhin ein Fünftel Teenmovie- und Hair-Crime-Faktor. Glockenhelle, klare Synthies übernehmen auf einmal da, wo sich gerade eben noch die verschiedenen Tonspuren einen inoffiziellen Wettstreit darum lieferten, welche denn nun die Zerre am meisten hochgefahren hat. Wenn Sebastien Grainger von Death From Above 1979 „Let’s Make Out“ ins Mikro kreischt und den Bassverstärker seines Ex-Bandkollegen gleich noch mitgebracht hat. Oder beim scheinbar mit doppelter Aufnahmegeschwindigkeit in die Platte gebrannten „Attack Of The 60ft Lesbian Octopus“, für das man das Quartett eigentlich kollektiv in die geschlossene Anstalt überweisen müsste.

Sicher, der künstlerische Wert des Albums bewegt sich irgendwo knapp über dem Nullpunkt. Doch deshalb gleich das Handtuch werfen? Does It Offend You, Yeah?, die ihren Namen übrigens einem Zitat aus der britischen Stromberg-Vorlage „The Office“ verdanken, sind die abgefuckteren Justice und elektronischeren DFA 1979 in Personalunion. Riffbetont, kaputt, selbstbewusst, druckvoll und in erster Linie vollkommen durchgeknallt. Grund genug, das Feuilleton in die Ecke zu pfeffern.

Johannes Neuhauser

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Bye-Bye



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