Rezension

Digitalism

Idealism


Highlights: Digitalism in Cairo // Apollo Gize
Genre: "Electronic, indepedent Dance Music"
Sounds Like: Justice // Daft Punk // LCD Soundsystem // Chemical Brothers

VÖ: 08.06.2007

Feuilleton-Autoren, die sich mit dem "Digitalism" Debüt-Album "Idealism" auseinandersetzen, scheinen sich verpflichtet zu fühlen, im ersten Satz das Wort Rave zu verwenden. Eine Genrebezeichnung, die dieses Jahr als New Rave bereits für so verschiedene Acts wie Klaxons und Enter Shikari auftauchte.

Obwohl die beiden international erfolgreichen Hamburger von Digitalism, Jens Moelle und Ismail Tuefekci, sich dem New Rave im Vergleich zu den "Klaxons" genau entgegen gesetzt annähern, passt die Bezeichnung. Der Weg zum Rave führt bei "Digitalism" aus Richtung Electro zum kollektiven Rocken, anstatt, dem Klischee New Rave entsprechend, den Rock zum Tanzen zu bringen.

Das beide Wege gerade gefeiert werden, ist verwunderlich, liegt der eine doch spätestens seit Daft Punk auf dem Tisch, und der andere ist ebenfalls nicht erst seit gestern bekannt. Ebenso wenig starb der kollektive Tanzrausch irgendwann in den 90ern aus. Knallende, rockende, den Techno ins für Rocker und Popper Hörbare transportierende Tracks gibt es – aus der Zukunft gesehen – seit Kraftwerk, also schon immer und dauernd. Neu – nein, von den Toten auferstanden – ist höchstens die Parole "Neon is the new black".

Entsprechend unspektakulär ist, was uns von "Zeit" über "Spiegel" bis "Intro" als musikalischer Hype um die Ohren gepfeffert wird. Auf ein egozentrisches "Mir soll es gut gehen" und "Ich will tanzen, tanzen, tanzen" konzentriert, knallt und knarzt, brazzt und ballert das Album uns um die Ohren – und ist schnell vergessen. Nichts von dem, was Jence und Isie hier hören lassen, verdient eine Erwähnung außerhalb der einschlägigen Club-Kolumnen.

Anders als LCD Soundsystem oder Daft Punk, bietet ihr Album-Debüt fast ausschließlich bekannte Klangstrukturen. Selbst die Synthesizer- und Wave-lastige Vorabsingle "Pogo", mit Jens Moelles (nervenaufreibendem) Gesang, alles in allem natürlich ein Hit, verbindet zwar Zoot Woman mit Daft Punk, aber leistet eben nicht mehr. Genauso, wie "Pogo" ein Hit ist, sind es eigentlich alle Tracks des Albums, nicht zuletzt aufgrund der vertrauten Sounds. Die werden mit scheinbar analogem Knarzen seit Daft Punks "Around The World" alle halbe Jahr als neu und unverbraucht verkauft. Um einen Eindruck vom Klang des Albums – oder dem "Digitalism"-Sound – zu vermitteln, sei an die – kleine – Schnittmenge zwischen Daft Punk und Chemical Brothers erinnert. House-Sounds, Bässe, ein analog erscheinendes Rauschen und Melodiefolgen, die einerseits an 70er-Jahre-Soundtracks und andererseits an die Musik zu Animé- oder Martial Arts-Filmen gemahnen. Musik für Menschen, die – wie auch ich – vieles erst als Konsumenten von Zweitverwertern, Marke Tarantino und Daft Punk, kennengelernt haben.

Von "Magnets" bis "Echoes" ist das Musik zum Gehirn abschalten und Tanzen, aber ohne viel Innovativität, wo ersteres niemandem als Vorwurf dienen darf, ist letzteres schon eine echte Klippe, die das ohne Frage mitreißende Album "Idealism" und die "Band" Digitalism umschiffen müssen, bis sie dem Medien- und Promo-Gebrumme gerecht werden.

Solange bleibt als Fazit, das, was der allererste Eindruck war, die Cure-Bearbeitung "Digitalism in Cairo" ist der Höhepunkt, und ansonsten und insbesondere für "Zdarlight" gilt: Es knallt, es brazzt, es nervt... ein Hit.

Oliver Bothe

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