Rezension

Clutch
Book of Bad Decisions
Highlights: Spirit of '76 // How to Shake Hands // In Walks Barbarella
Genre: Bluesrock // Stoner Rock
Sounds Like: Monster Magnet // Danko Jones // Red Fang
VÖ: 07.09.2018

Im siebenundzwanzigsten Jahr ihrer Karriere sind Clutch die AC/DC des Stoner-Rock-Mittelstands: Ohne Mega-Arenatouren und Millionen auf dem Konto, aber mit dem gleichen Handwerker-Arbeitsethos, dem gleichen Wiedererkennungswert und der gleichen stoischen Resistenz gegen Wandel. Entsprechend fällt auch die erste Reaktion auf „Book Of Bad Decisions“ aus: Am Anfang ist nach zwei Takten klar, wer hier am Werk ist, am Ende steht ein anerkennendes Nicken – Prädikat: „solide“. Und was für andere Bands ein vernichtendes Verdikt wäre, ist bei Clutch – ebenso wie bei den Hardrockern aus Australien – ein lupenreines Kompliment.
Denn das ist der Vorteil, wenn man sich solides Album für solides Album einen Ruf als absolut nicht aus der Ruhe zu bringende Rockband erarbeitet hat: Es erwartet niemand die Neuerfindung des Rades. Von einem Clutch-Album zu erwarten sind: Eine Rhythmusgruppe im Dauershuffle-Modus mit der Masseträgheit eines Kohlebaggers. Gitarren- und Bassriffs wie Kettensägenskulpturen – schwer, rustikal bodenständig und irgendwie doch kunstvoll. Neil Fallons Gesang zwischen Seemannsgebrumm und manischem Prediger. Und natürlich Texte, die für den knurrigen Bikerrock, über den sie ausgebreitet werden, mindestens zweieinhalb Bildungsabschlüsse zu schlau erscheinen. Alles Andere: Bonus.
Diese Erwartungen zu erfüllen, bereitet „Book Of Bad Decisions“ keinerlei Probleme: „Gimme The Keys“ prescht zur Eröffnung gewohnt energetisch durch vertraute Riffs und druckvolle Refrains. Nur die beißend zerfuzzte Gitarre in den Strophen wirkt etwas fehl am Platz, aber vereinzelte leicht fragwürdige Produktionsentscheidungen in der Saiten-Fraktion sind bei Clutch-Alben auch schon wieder fast ein wiederkehrendes Trademark. „Vision Quest“, „Sonic Counselor“, „Ghoul Wrangler“ und „Paper & Strife“ reihen sich als grundanständige Power-Bluesrock-Tracks ein in die Kategorie „Clutch-Standard“.
Gemessen an der Erwartungshaltung ist „Book Of Bad Decisions“ dann aber doch mehr als solide Pflichterfüllung. Ging die letzte Platte „Psychic Warfare“ noch als Nummer-Sicher-Scheibe nach dem Hit-Album „Earth Rocker“ durch, wagen Clutch diesmal stellenweise mehr – natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten. In „How To Shake Hands“ übertrifft sich Neil Fallon als protzerische Präsidenten-Parodie lyrisch einmal mehr selbst: „I will kiss all the babies/Maybe kiss the mamas, too“. „In Walks Barbarella“ platzt mit Trompeten in die Szenerie, Fallon deklamiert „Weaponize Funk!“ und die plärrende Bläsersektion setzt gleich die ersten Salven ab. „Emily Dickinson“ lässt ein ganzes Heer von Hammond-Orgeln flirren und sorgt im letzten Viertel mit einem Gitarrensolo für Aufhorchen, das wie hundert zerstückelte Dudelsäcke klingt.
Dass die besten Ideen dabei in der ersten Albumhälfte unterkommen, ist verständlich und ein paar Längen zum Ende hin deshalb auch okay. Beweisen muss diese Band eh nichts mehr und Totalausfälle bleiben ohnehin aus – auch darauf ist bei Clutch halt einfach Verlass.
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