Rezension
Babyshambles
Shotter's Nation
Highlights: Carry On Up The Morning // Delivery // Crumb Begging
Genre: Brit-Rock
Sounds Like: The Libertines // Dirty Pretty Things // The Clash // The Jam // The Undertones
VÖ: 28.09.2007
Pete Doherty. Es gibt wohl keine weitere Person, die in der Musikwelt derart polarisiert. Während die einen wohl am liebsten einen Altar für den missverstandenen Poeten errichten würden, sobald sein Name in ihren Ohren erklingt, wünschen sich die anderen das bemitleidenswerte Drogenwrack zum Teufel. Oder zumindest irgendwo hin, nur nicht in die Öffentlichkeit. Die Musik der Libertines oder der Babyshambles muss man nicht mögen, soviel steht fest. Objektiv betrachtet allerdings sollte man Doherty dennoch, ungeachtet all seiner Eskapaden, außergewöhnliche songwriterische Qualitäten attestieren. Aber haben die nicht vielleicht doch unter Crackhead-Petes Ausschweifungen gelitten? Immerhin war „Down In Albion“, seines Zeichens Babyshambles-Debüt, zwar in Ordnung, konnte aber doch irgendwie die alten Libertines-Zeiten nicht vergessen machen.
Erfreulich ist da der Eindruck der ersten Songs auf „Shotter’s Nation“, nämlich „Carry On Up The Morning“ und „Delivery“, der deutlich in Richtung Libertines zeigt. Der Drive ist wieder da, die Songs wirken nicht mehr so leer, wie es zeitweise noch auf „Down In Albion“ der Fall war, und es scheint auch wieder etwas mehr Konzept dahinterzustehen, im Gegensatz zum scheinbar planlosen Aneinanderreihen brüchiger Fragmente beim Erstling, aus denen ab und an Ansätze großartiger Melodien hervorlugten. Die sind mittlerweile deutlich präsenter, vielleicht auch ob der besseren Produktion. Denn wo sich vor zwei Jahren beim Einlegen des Shambles-Debüts die ranzige Hinterhof-Atmosphäre aus dem Fuck-Forever-Video breitmachte, bewegt man sich nun immerhin auf Proberaum-Niveau.
In diesem imaginären Proberaum spielt – man höre und staune – mittlerweile sogar eine richtige Band, die ihre Instrumente auch ordentlich beherrscht. Keine polternden Drums mehr, die sich nur so hinterherschleppen, stattdessen hat das Meiste Hand und Fuß. Und das nicht nur im Bezug auf die zuvor angesprochenen Britrock-Kracher, auch die ruhigeren, eingängigen Nummern wie das Jazz-inspirierte „There She Goes“ wirken für Babyshambles-Verhältnisse ungewöhnlich durchdacht, wo sich auch der solide inszenierte Radio-Britpop von „UnBiloTitled“ gut einfügt. Dem Album tut das – Verehrer der Orientierungslosigkeit auf „Down In Albion“ mögen mir verzeihen - äußerst gut, auch wenn es ihm zwischendurch, zum Beispiel bei „French Dog Blues“ und „Deft Left Hand“ etwas an Begeisterungsfähigkeit fehlt.
Hat sich Doherty also zum rationalen Menschen gewandelt und „Shotter’s Nation“ in der sinnbildlichen Entzugsklinik geschrieben? Nun ja. Immerhin ist „shotter“ ein umgangssprachlicher Begriff für „Heroinsüchtiger“. Was aber bereits andeutet, dass sich die personifizierte Paparazzi-Goldgrube in ihren Lyrics nicht davor scheut, sich und seine Vita auch mal selbst aufs Korn zu nehmen. Ob die Babyshambles ihre neu gefundene Organisiertheit auch auf der Bühne anständig präsentieren können? Oder ob sie sich überhaupt auf der Bühne einfinden? Wer das vorhersagen kann, der kennt auch die Lottozahlen von morgen. Egal, das Album ist da, und es ist grundsolide. Das ist sowieso schon mehr, als man jemals von Doherty erwarten konnte.
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