Rezension

Angel Olsen

Burn Your Fire For No Witness


Highlights: Unfucktheworld // White Fire // Lights Out // Enemy // Windows
Genre: Singer/Songwriter // Lo-Fi
Sounds Like: Cat Power // PJ Harvey // Feist // Leonard Cohen

VÖ: 14.02.2014

Nicht selten ist es eher eine Schwierigkeit, wenn mit dem ersten Song eines Albums bereits vermeintlich alles gesagt wird. Was soll dann eigentlich noch kommen? Viele Alben scheitern daran. Angel Olsens neues Meisterwerk „Burn Your Fire For No Witness“ nicht. Nach dem Opener „Unfucktheworld“, einem zweiminütigen Lo-Fi-Gedicht („I quit my dreaming the moment that I found you // I started dancing just to be around you // Here’s to thinking that it all meant so much more...“) hat sie, die übrigens wirklich Angel heißt, einfach noch viel mehr zu sagen. Der rohe, ehrliche Song zeigt, wohin die Richtung geht. Olsen lässt den folkigen Einschlag des Vorgängeralbums „Half Way Home“ größtenteils hinter sich, die neue Platte klingt minimalistischer, die Akustikgitarren sind gegen elektrische getauscht und diese direkt und rau aufgenommen.

Durch diesen Sound kommen auch die Texte ehrlicher und erschütternder beim Hörer an, der Touch zauberhafter Verspieltheit folkiger Musik fällt weg. Dunklere, rohere Klänge geben ein Gefühl davon, dass Olsen jedes einzelne Wort genauso meint und erlebt hat, wie sie es singt. Ihre Stimme klingt zurückhaltend und doch klar und auf den Punkt, scheint aus der Ferne zu kommen, aus ihrem Innersten heraus. „I wish I had the voice of everything“ bekennt sie passend in „Stars“. Schon der Albumtitel sagt, dass das, was hier passiert, pure Katharsis ist, Reinigung von Themen wie Verlust, Einsamkeit und der Frage nach Zugehörigkeit. „White Fire“ ist ein beeindruckender, unter die Haut gehender Song („Everything is tragic, it all just falls apart // and when I look into your eyes it pieces up my heart“), ein gesungenes Gedicht mit minimaler, eindringlicher musikalischer Begleitung. Wie Olsen von dunkler Stimme zu hohem, klagenden Gesang wechselt und so den Worten Nachdruck verleiht, geht unter die Haut. „I feel so much at once that I could scream“ („Stars“).

Doch Olsen beherrscht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch warme Klänge oder gar Sarkasmus. In „Lights Out“ gibt sie sich positiv („Just when you thought you would turn all your lights out // They shine“). In einer guten Welt ist dieser Song mit seinem weiten, offenen Klangteppich von psychedelischer Verträumtheit ein Hit. Gerade mit dem anschließenden „Stars“ spielt Olsen sich in einen kleinen Rausch. Sarkastisch betrachtet sich Olsen in „Hi-Five“ – „Are you lonely too?“ singt sie, „High five – so am I“. Mit dem zerbrechlichen „Enemy“ löst sich das Album gen Ende nur fast auf, denn es folgt der hymnenhafte, finale Abgesang „Windows“ als letztes, vielleicht größtes Ausrufezeichen des Albums. „We throw our shadows down“, singt Olsen, „We must throw our shadows down // We live and throw our shadows down“, bekennt, was es ihrer Meinung nach bedeutet, am Leben zu sein, „it’s hard, we get around“, optimistisch auf den Ausgang. Am Ende schwebt der Song von dannen und lässt den Hörer hypnotisiert zurück.

Angel Olsen vermag es mit ihrer unverfälscht auf Platte gebannten, charmant-melancholischen Art, den Hörer von Anfang bis Ende zu fesseln und mit all ihrer Aufrichtigkeit zu berühren. Es ist schön, wie Olsen es schafft, all die Poesie, die in ihr steckt, festzuhalten und auf Platte zu bannen. „Some days all you need is one good thought strong in your mind“ singt sie in „Lights Out“. Auf „Burn Your Fire For No Witness“ finden sich einige solcher starken, den Hörer bereichernden Gedanken.

"If you still got some light in you then go before it's gone //
burn your fire for no witness it's the only way it's done." ("Lights Out")

Daniel Waldhuber

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