Rezension

Alabama Shakes

Sound & Color


Highlights: Don't Want To Fight // Dunes // The Greatest // Miss You
Genre: Soul // Garagenrock // R'n'B
Sounds Like: Janis Joplin // Michael Kiwanuka // Gil Scott-Heron

VÖ: 17.04.2015

Wenn man sich mal so anschaut, was die Alabama Shakes seit der Veröffentlichung ihres Debütalbums „Boys & Girls“ erlebt haben, könnte man meinen, dass sie bereits alles erreicht haben, was man sich an ihrer Stelle wünschen könnte: Goldene Schallplatte in den USA, umjubelte Auftritte bei allen großen Festivals, Beiträge zu den Soundtracks von gleich mehreren Oscar-nominierten Filmen, drei Grammy-Nominierungen und eine Einladung, ein Privatkonzert im Weißen Haus zu spielen – viel mehr kann man eigentlich wirklich nicht wollen, oder? Mit ihrer fesselnden Kombination aus Soul, Funk und Garagenrock, gepaart mit der unglaublich mitreißenden Stimme von Frontfrau Brittany Howard, hatten sie im Zuge des Retro-Soul-Revivals um Kollegen wie Michael Kiwanuka im Handumdrehen Kritiker und Musikliebhaber verzaubert. Wie sollte es jetzt also nach diesem Triumphzug weitergehen? Erst mal schön auf den Lorbeeren ausruhen? Nix da. Schon auf Tour entstanden die ersten der 13 Lieder, die sich jetzt auf der neuen Platte „Sound & Color“ finden.

Dabei wollten die Alabama Shakes laut eigener Aussage die Extreme ihrer Musik ausloten und sich nicht zu sehr von den alten Sachen beeinflussen lassen. Interessant, dass "extrem" im Kontext von „Sound & Color“ vor allem zu bedeuten scheint, es etwas gemäßigter als zuvor angehen zu lassen. Natürlich heißt das nicht, dass Alabama Shakes eine Platte voller Balladen aufgenommen haben, sondern eher, dass sie sich jetzt vor allem dem Soul widmen (ohne dabei aber Rock und klassischen R'n'B aus den Augen zu verlieren, versteht sich). Der Kracher „Rise To The Sun“ vom ersten Album hat also keinen kleinen Bruder bekommen, aber in Songs wie „The Greatest“ zumindest mal einen Cousin oder Schwager. Das Lied lässt mit klugen Rhythmuswechseln und spannenden Schlagzeug und Keyboards zwar aufhorchen, kommt aber kaum an die rohe, ursprüngliche Kraft heran, die Alabama Shakes auf den Höhepunkten des Debütalbums erst langsam anstaute, um sie dann explosionsartig ausbrechen zu lassen.

Dass es sich bei solcher Kritik um Jammern auf höchstem Niveau handelt, dürfte klar sein. Nach wie vor jammert, haucht, klagt und kreischt Britanny Howard, was das Zeug hält und den Songs fehlt es weder an Intensität noch an Einfallsreichtum oder Individualität. Der Sound, der auf „Boys & Girls“ noch roher und urtümlicher klang, ist jetzt zwar voller geworden, hat aber nichts von seiner Dreckigkeit eingebüßt. In der zweiten Hälfte des Albums finden sich mit „Shoegaze“ und „Miss You“ auch wieder Songs, die an die besonderen Stärken von „Boys & Girls“ erinnern: zum einen ein lässiger Soul-Rock-Bastard und zum anderen die herzzerreißende Ekstase, die die Alabama Shakes zuvor mit Stücken wie „Heartbreaker“ und „I Ain't The Same“ zelebriert haben.

Es gibt eigentlich nicht viel zu jammern oder gar zu meckern auf „Sound & Color“. Es mag vielleicht nicht jedes Lied ein Volltreffer sein, aber auch die schwächeren Stücke sind immer noch überdurchschnittlich. Es wird vielleicht nicht mehr so viel oder ausgiebig getanzt, aber dafür hat man als Hörer auch mal die Gelegenheit, die funkigeren („Guess“) oder psychedelischen („Gemini“) Seiten einer Band kennenzulernen, die noch lange nicht daran denkt, sich in den Ruhestand zurückzuziehen, sondern stattdessen weiterhin zeigt, wie innovativ Soul heute klingen kann.

Lisa Dücker

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Video zur Single "Don't Want To Fight"

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