Interview

The Rumour Said Fire


The Rumour Said Fire haben gerade viel um die Ohren: Sie touren mit ihrem Debüt "The Arrogant" durch Europa und ihr neues Werk "Dead Ends" steht bereits in den Startlöchern. Trotzdem nehmen sich Sänger Jesper und Drummer Christian kurz vor ihrem Konzert in Dortmund die Zeit, um mit uns über die Melancholie des Nordens, inspirierende Sackgassen und natürlich die neue Platte zu sprechen.

Das letzte Mal, als ich euch gesehen habe, war auf einem Konzert in Berlin, wo ihr ganz kurzfristig die Location wechseln musstet. Was war da los?

Christian Rindorf: Ja, stimmt, so richtig wussten wir auch nicht, was da los war. Es gab wohl einen riesigen Streit zwischen dem Besitzer und dem Pächter des Clubs und am Ende hat der Besitzer einfach entschieden, dass er uns nicht auftreten lassen will, deshalb wurden dann mehrere Konzerte im Magnet Club zusammengelegt.

Für uns Fans war das gar nicht so schlimm. Dadurch konnte man an dem Abend gleich vier Bands auf einmal sehen, wie ein kleines Festival.

Jesper Lidang: Ja, nur war das in Berlin unser Auftaktkonzert und wir dachten uns "Toll! Schöner Start!" (lacht). Aber es war dann am Ende ein gutes Konzert, denke ich.

Auf jeden Fall! Es war ein super Konzert. Generell habe ich das Gefühl, dass ihr sehr gut darin seid, eine ganz bestimmte, sehr persönliche Atmosphäre auf Konzerten zu kreieren, was natürlich auch daran liegt, dass die Konzerte in Deutschland noch sehr klein sind. Meint ihr, das ändert sich, wenn ihr für eine größere Gruppe spielt?

Jesper: Eines der Dinge, die wir wirklich daran genießen, dass wir jetzt in Deutschland, England und so weiter touren, ist, dass es sich anfühlt, als würden wir nochmal ganz von vorne anfangen: Wir spielen wieder in den dunklen Clubs und haben da wirklich unseren Spaß dran. In Dänemark spielen wir in richtig großen Läden, das ist auch cool, aber so eine Art Neuanfang hier zu starten, gefällt uns momentan wirklich gut.

Ich habe auch immer das Gefühl, dass kleinere Konzerte die viel schöneren sind – vermutlich für Band und Zuschauer. Ihr habt ja dieses Jahr auch schon einige Konzerte gespielt und wart viel unterwegs. Wann genau ist da euer neues Album "Dead Ends" passiert? Ist das ein Sommerkind? Habt ihr es während des Tourens geschrieben?

Jesper: Das war genau nachdem wir die "The Arrogant"-Tour in Dänemark beendet hatten. Ich habe mich gleich, als wir zurück waren, in unseren Proberäumen im Studio isoliert und angefangen, neue Songs zu schreiben und Demos aufzunehmen. Wir haben uns entschieden, mit diesen Demos weiterzuarbeiten. Viele Sachen, die wir zu der Zeit aufgenommen haben, sind auf dem neuen Album.

Christian: Deshalb ist es auch so, als würden zwei Alben zusammenschmelzen: Die anfänglichen Demos und alles, was später dazukam.

Ihr habt auch in Berlin schon einige von den neuen Sachen gespielt, oder?

Christian: Ja genau, und wir werden auch auf dem Konzert heute einiges vom neuen Album spielen.

Ist das hier auch so eine Art Promotour für die neue Platte?

Jesper: Nein, eigentlich nicht, eher eine weitere Promotour für "The Arrogant". Es ist etwas gemischt, natürlich machen wir auch schon ein bisschen Werbung für die neue Platte, die hier, glaub ich, erst im Februar veröffentlicht wird.

Da freu ich mich ja wirklich schon sehr drauf! Jesper, du hast eben erwähnt, dass du dich zum Schreiben fürs neue Album zurückgezogen hast. Ich habe irgendwo gelesen, dass du Zusammenhänge zwischen der kargen und einsamen Landschaft eurer Heimat und eurer melodienreichen, aber dennoch sehr nüchternen Musik siehst. Du brauchst also wirklich deine Ruhe und Einsamkeit zum Schreiben?

Jesper: Normalerweise fange ich immer so an, dass ich für mich alleine schreibe. Aber wenn der Grundstein gelegt ist, kommen die Jungs dazu und wir arbeiten viel zusammen. Sie haben ja auch ihre Ideen für Arrangements, also nehme ich einen Song auf, rufe Christian oder Kasper an, die kommen dazu und spielen irgendeine Line oder ein Riff und so entwickelt sich das dann. Aber: Ja, ich brauche wirklich viel Einsamkeit, um zu schreiben.

Das hat dann schon was damit zu tun, dass ihr aus dem großflächigen Norden Europas kommt, oder? Würdet ihr sagen, dass dieser nordische Stil typisch für The Rumour Said Fire ist?

Christian: Ich glaube, wir sind tatsächlich alle eher ruhiger, wie Jesper. Ich höre das unterwegs immer wieder, dass wir aus dem Norden zwar nicht unbedingt total schüchtern wirken, aber doch als sehr ruhige Leute gelten. Eben introvertiert, und auf eine bestimmte Art und Weise würde ich behaupten, dass wir vier besonders introvertiert sind. Wir machen natürlich auch Späße und so, aber wir sind alle eher melancholische Typen und das wirkt sich natürlich auf unsere Musik aus.

Ist es bei euch auf Tour also eher still?

Christian: Das kommt drauf an. Manchmal mehr, manchmal weniger. Also diese Tour war bisher ehrlich gesagt sehr laut.

Was hört ihr eigentlich selber so auf Tour, wenn ihr unterwegs seid?

Jesper: Also meistens entscheiden die Fahrer des Busses, was gehört wird. Diejenigen, die hinten im Bus sitzen, sitzen da mit Kopfhörern auf den Ohren. Auf Tour sind diese Autofahrten einfach deine private Zeit, dein privater Raum und vor allem ist das die Zeit, die man braucht, um Schlaf nachzuholen. (lachen)

Also auch, wenn das hier noch nicht die Promotour für "Dead Ends" ist, können wir trotzdem ein bisschen über euer neues Werk reden, oder? Ich habe es zwar noch nicht gehört, aber ihr schon, also: Wie klingt es? Auch im Kontrast zu "The Arrogant".

Jesper: Ich habe auf diesem Album extrem viel selbst gemacht. Das ganze Produzieren und Mischen, daran war ich dieses Mal sehr stark beteiligt. Wir hatten zwar einen Co-Produzenten, aber wir haben den größten Teil des Sounds tatsächlich selber gemacht. Ich glaube, wo wir versucht haben, bei "The Arrogant" den 60er-Jahre-Vibe mit 80er-Jahre-Gitarrensounds zu mischen, haben wir vom Stil her dieses mal kompromissloser gearbeitet.

Kompromissloser Richtung 60er oder 80er?

Jesper: Es ist mehr 80er. Sehr verträumt.

Interessant, ich bin gespannt. War die Arbeit, bis auf das erwähnte Produzieren, anders als bei eurem Debüt?

Christian: Ja! Wir hatten einfach sehr viel mehr Zeit als für "The Arrogant".

Jesper: Genau. Wir hatten für diese Platte anderthalb Jahre. Unser Vorgängeralbum wurde in nur drei Wochen aufgenommen, das war ein sehr kurzer Prozess.

Vermutlich, weil ihr da gerade nach eurer EP schnell etwas nachlegen wolltet, um auf der Erfolgswelle weiterzuschwimmen, richtig?

Jesper: Ja, genau. Richtig. Aber bei diesem Album wollten wir einfach mehr meditieren. Wir haben jetzt also wirklich anderthalb Jahre mit Aufnahmen, Schreiben, Korrekturen und Neuschreiben verbracht. Dadurch ist diese Platte sehr viel komplexer ausgefallen, es gibt sehr viel mehr, was man im Sound entdecken kann.

Schön! Ich freue mich darauf. Nun aber kurz zum Titel der neuen Platte: Ein Dead End, also eine Sackgasse, kann eine Situation oder ein Moment sein, aus dem es kein Entkommen gibt, richtig?

Jesper: Ja genau. Ich mag Sackgassen aus mehreren Gründen, deshalb habe ich das Album so genannt. Wenn ich ein Buch lese oder einen Film sehe, mag ich es, wenn ich die Lösung der Geschichte nicht sofort verstehe. Wenn du einen surrealistischen Film schaust, etwa einen von David Lynch, findest du den Schlüssel nicht sofort, wenn überhaupt. Du bist dann in einer Art Labyrinth oder eben in einer Sackgasse und das finde ich inspirierend. Deshalb denke ich, dass in der Kunst Sackgassen auch eine sehr positive Sache sein können.

Das ist eine interessante Sichtweise! Was ich mich bei euch immer wieder frage: Auf eurer EP war es der Übersong, auf "The Arrogant" habt ihr ihn als Bonustrack dazugepackt; man kann "The Balcony" tatsächlich als euren Smash Hit bezeichnen. Spielt ihr den Song immer noch gerne?

Christian: Prinzipiell spielen wir diesen Song immer noch gerne! Es ist eigentlich wie mit jedem anderen unserer Songs: Manchmal lieben wir sie und manchmal hassen wir sie und das ist bei "The Balcony" eben nicht anders. Wir proben diesen Song allerdings nicht mehr, aber wir spielen ihn immer noch gerne.

Jesper: Wir haben diesen Song bestimmt schon einige hundert Male, wenn nicht tausend Male gespielt.

Es ist ein Lovesong, oder?

Jesper: Ja, an sich schon. Es ist ein Liebeslied!

Das geben die Lyrics auch tatsächlich her. Allerdings war ich mir da nicht ganz sicher, obwohl ich den Song so oft gehört habe.

Jesper: Das ist eine gute Sache, wie ich schon gesagt habe: keine einfachen Lösungen!

So, nun zu meiner letzten Frage, die ich gerne immer Leuten stelle: Was würdet ihr sagen, ist der Sinn des Lebens?

Jesper: Oh, das ist schwierig. Ich denke, jeder Mensch hat einen anderen Sinn in seinem Leben. Unser Sinn ist momentan wirklich einfach die Musik. Das ist dann wohl eine Antwort. Das kann sich dann aber ja auch ändern, im Laufe der Zeit.

Das stimmt natürlich. Habt vielen Dank für das Interview. Ich freue mich schon sehr auf die Release-Tour zu "Dead Ends" im neuen Jahr!

Christian: Ja, kein Problem. Bis zum nächsten Album dann.

Silvia Silko

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Rezension zu "Dead Ends" (2013)
Rezension zu "The Arrogant" (2012)

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