Rezension

Yann Tiersen

Dust Lane


Highlights: Dust Lane // Ashes // Till The End
Genre: French Post-Pop
Sounds Like: Gravenhurst // Owen Pallett // Beirut // Devotchka

VÖ: 01.10.2010

Wie fies die letzten Auftritte von Yann Tiersen doch für einige sein konnten. Fies zum einen für so manches junge Mädel, uniformiert mit Streifenshirt und Nerdbrille, das wohl am liebsten den kompletten Amelie-Soundtrack auf dem Pianoforte heruntergeklimpert sehen möchte und so gut wie alles, nur eben das nicht bekommt. Fies auf der anderen Seite aber auch, dass sich ein Ausnahmemusiker wie Yann Tiersen hierauf beschränken lassen muss.

Dass Monsieur Tiersen keine Lust mehr zu haben scheint, „nur“ die schönsten Melodien der Welt zu schreiben, ließ sich allerspätestens erahnen, als seine 2009er-Live-Kollaboration mit den Färöern sich darauf beschränkte, auf einer einsaitigen (!) Gitarre herumzugniedeln und sich dabei zuzuschütten. 2010 lässt Tiersen jetzt endgültig einer Liebe für sich langsam aufbauende Songstrukturen, deutlich mehr Gitarren und die eine oder andere Portion Noise freien Lauf – French Pop goes Postrock sozusagen. Besonders, wenn Percussions, die beinahe an Industrial erinnern, den Beginn von „Dark Stuff“ zuhämmern oder sich „Till The End“ erst nach knapp sieben Minuten voll entfaltet.

Bien sûr tauchen natürlich auch weiterhin übliche Tiersen-Charakteristika auf – die Streicher hier, die Akkordeonmelodie dort. Nur der Gesang wird immer häufiger von einem Chor übernommen – engelsgleich, wenn man mal vom Inhalt des letzten Liedes „Fuck Me“ absieht. Trotzdem sind es Stellen wie dessen Einsatz zur Hinschmelzmelodie von „Ashes“, die immer noch eine unheimliche Schönheit ausstrahlen – auch wenn diese ausnahmsweise keine Franzosen, die mit dem Baguette unter dem Arm durch Paris flanieren, vor dem inneren Auge auftauchen lässt. Das Talent für diese Schönheit der Musik hat Monsieur Tiersen immer noch inne, nur hat er sie dieses Mal in einem Album versteckt, das wegen seiner Hintergrundgeschichte – dem Tod von Tiersens Mutter – entsprechend düster ist. Kopfkino bietet „Dust Lane“ ebenso wie die früheren Soundtracks des Komponisten. Nur, dass der Film dazu vielleicht nicht mehr unbedingt etwas für junge Mädels wäre.

Jan Martens

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