Rezension
Xavier Rudd
Dark Shades Of Blue
Highlights: Guku // This World As We Know It // Shiver // Uncle
Genre: Desert-Rock // Weltmusik
Sounds Like: Ben Harper // The Beautiful Girls
VÖ: 15.08.2008
Irgendwann an einem Strand auf einer französischen Halbinsel. Die Sonne brennt, viele Leute sind versammelt und da gerade ein Festival im Gange ist, steht am Strand eine Bühne. Merkwürdige Instrumente werden aufgefahren und eine unbekannte Band betritt die Szenerie. Eigentlich ist es gar keine Band, die die nächste Stunde dort spielen wird, sondern lediglich Mitmusiker um den Künstler Xavier Rudd herum. Innerhalb der nächsten Stunde spielt das Ensemble sehr abwechslungsreiche Musik, zwischen typischen Strand-und-Gitarre-Liedern im Stile eines Jack Johnson bis hin zu knapp zehnminütigen percussionlastigen Jamsessions, bei denen vor allem die merkwürdigen Instrumente a.k.a. Didgeridoos ein treibendes Element darstellen. Zuhause angekommen konnte man feststellen, dass auf den Alben dieses Musikers vor allem erstere Seite, also Singer-Songwriter-Pop mit Gitarre maßgebend war. Zwar nicht schlecht, aber auch nicht unbedingt neu und anders. Nun erscheint das neue Album des Xavier Rudd, „Dark Shades Of Blue“, und betont vor allem die lautere, düstere Seite des Künstlers.
Ein schönes Intro weist uns schon einmal darauf hin, dass Rudd es dieses Mal ernst meint mit der Rockmusik. Eine Slideguitar und mit viel Hall versehene Schlagzeugparts bekräftigen ein erstes Dröhnen der Didgeridoos und versetzen den Hörer in die weite Welt des Outback. Schon hier macht sich bemerkbar: Diese Platte ist im Grunde nicht gemacht für heimische Wohnzimmer, sondern zieht uns genau dorthin hinaus, wo Rudd herstammt – Australien. „Dark Shades Of Blue“ schließt nahtlos an, ein vertrackter Rocksong, relativ ruhig noch, wobei aber im Untergrund schon die eine oder andere Gitarrenspur auf den Ausbruch wartet. „Secrets“ hat eine fast reggaelastige Grundstimmung, gehört aber nicht zu den besten Stücken des Albums. Dafür aber „Guku“: Percussions sind das Gerüst dieses wunderschönen Stückes, das von der wiedermals verwendeten Slideguitar und dem melodischen Gesang Xavier Rudds perfektioniert wird. Ein Stück für das Mixtape des Jahres.
Dass es nicht immer nur bergauf gehen kann im Laufe eines Albums stellt „Edge Of The Moon“ unter Beweis. Zweimal gehört, danach immer sofort weitergeskippt. Eine Zirkusnummer mit Aufruf zum gegenseitigen An-die-Hände-fassen und glücklich sein. Überladen wird das Ganze dann auch noch von einem Gospelchor. Textlich kommen einem dabei sogar grausige Referenzen wie „Heal The World“ von Michael Jackson oder ein fiktiver Live8-Titelsong in den Sinn. Wesentlich besser ist dann „This World As We Know It“. Röhrende Didgeridoos, sowie die üblichen Begleitinstrumente verleihen diesem Stück eine Schnelligkeit, die ziemlich voranrockt. Der Gesang ist dabei verzerrt und verzehrt. In einem Wort: Toll. Gut platziert ist danach die Ballade „Shiver“. Zum Entspannen, echten Genießen, mit versteckten Schönheiten zum Entdecken. Dazu zählen auf jeden Fall die Backing Vocals einer Dame namens Banula Marika. Und wieder denkt man sich: Hach, schön.
„Dark Shades Of Blue“ ist zwar unruhig, streckenweise laut und dunkel, aber vor allem beschert einem diese Platte ein Gefühl dessen, was sich schwer in Worte fassen lässt: Freiheit. „Uncle“ ist wieder so ein Beispiel hierfür. Sehr ruhiger Beginn, eine weibliche Stimme singt in einer unbekannten Sprache oder einfach nur melodisch vor sich hin. Nach 30 Sekunden stürzt sich eine Gitarre auf den Song, hypnotische Drums und andere Instrumente reihen sich ein. Drei Minuten lang lodert so eine kleine Flamme im Hintergrund, wobei sich Xavier Rudd in Trance singt. Was dann folgt, sind fünf Minuten dessen, was man am ehesten Jamsession nennen könnte. Progressiver Rock mal anders, ohne nervende endlose Soli. Ohne Stillstand. Oder, um wieder die Feuermetapher in Verbindung mit Australien zu bedienen: Aus dem lodernden Lagerfeuer ist ein Buschbrand geworden. Einer, zu dem man tanzen kann. „Hope That You’ll Stay" ist dann noch bemerkenswert, getragen von einer Udu und einer 24-saitigen indischen Chaturanguigitarre, die einen ähnlichen Klang wie die vielleicht bekanntere Sitar hervorruft. Das abschließende „Home!“ erklärt sich von selbst, nicht zuletzt durch die eingespielten Urwaldgeräusche.
Bis auf ein, zwei Ausfälle hat Xavier Rudd hier ein unglaublich gutes Album abgeliefert, das in kein Genre passen will und am besten mit Weltmusik zu umschreiben ist, ohne dabei darauf zu achten, was sich sonst bei Weltmusik im Regal anordnet. Es sei jedem empfohlen, zumindest einen kleinen Höreindruck dieses Albums zu gewinnen.
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