Rezension

We Are Scientists

Barbara


Highlights: Pittsburgh // Break It Up // Central AC
Genre: Pop // Indie-Rock
Sounds Like: Artic Monkeys // OK Go // Maximo Park // The Rakes

VÖ: 18.06.2010

Eigentlich muss man diese Platte als Musikliebhaber hassen. Rock ohne Rock. Pah. Was soll das? Ein Meer aus weichgespülten Gitarrenriffs und ewig wiederkehrenden Gesangszeilen, abgefüllt in dreiminütigen Portionen. Alles schon mal dagewesen, durch moderates Drumming immerhin noch gut genug für den Dancefloor, aber summa summarum charmant wie abgestandenes Bier. Doch beim dritten oder vierten Anhören von "Barbara" pirschen sich die Melodien aus dem Hintergrund an. Die sind nicht schön oder außergewöhnlich, aber sie brennen sich mit der Zeit ein und verschwinden so schnell nicht wieder. Man kann den Kaliforniern von We Are Scientists eine seltene Gabe attestieren: Das Händchen für Ohrwürmer.

Doch im nächsten Moment überwiegt der Ärger darüber, dass dieses Potential einfach verschenkt wurde. Die Struktur der Songs ist über weite Strecken so simpel, die Lyrics sind so schlicht, dass dabei lediglich Musik für das Radio, nicht aber für die großen Gefühle entsteht. Schnell zu hören, bleibt wenig hängen. Auf die Dauer summiert sich das im Ohr zu einem ausgeprägten "la-la-la-la-la-la". Dabei lassen die Amerikaner während der guten halben Stunde zwischendurch ihr Können aufblitzen. Mal kokettieren sie mit der Schnoddrigkeit der Artic Monkeys ("I Don't Bite"), mal wird das Tempo für eine Stadion-Rock-Ballade mit schweren Gitarren ("Pittsburgh") gedrosselt. Durchweg fehlt aber die letzte Konsequenz, der Mut zu Überraschungen. Und dann gibt es zu viel absolutes Mittelmaß wie "Ambition", ein Song, dem einfach die Daseinsberechtigung im Jahr 2010 fehlt. Es scheint, als könnten sich We Are Scientists nicht entscheiden: Wollen wir Rock machen oder Pop? Was herauskommt, ist eine Mischung, die in beide Richtungen nur halbherzig funktioniert. Das liegt auch daran, dass die Melodien nicht die Intensität haben wie die von beispielsweise Coldplay. Aber es ist ja eine alte Weisheit, dass hinter den einfachsten Songs die meiste Arbeit steckt.

Lichtblicke gibt es auf "Barbara" allerdings auch: "Break It Up" ist eine gute Nummer, Wohlfühlsound im Stile von OK Go, bunt, flott und kompromisslos. Neben dem bereits erwähnten "Pittsburgh" macht auch "Central AC" Spaß: Eine Mischung aus Retro-Nummer und progressiven Gitarrenklängen. Verpackt in eines der hässlichsten Artworks des Jahres werden diese Lichtblicke aber schon recht bald in der Dunkelheit der musikalischen Vergangenheit verschwinden. Ob als Rock oder Pop, ist dann völlig egal.

Mischa Karth

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