Rezension
Vessels
The Great Distraction
Highlights: Mobilise // Radiart // Erase The Tapes
Genre: Elektro
Sounds Like: Four Tet // Jon Hopkins // Daphni // Daniel Avery
VÖ: 29.09.2017
Kaum eine Band hat in den letzten Jahren eine krassere musikalische Wandlung vollzogen als die Vessels. Ursprünglich als Post-Rock-Band gestartet, legten die Jungs aus Leeds mit der letzten Platte „Dilate“ plötzlich den Grundstein für ihre elektronische Musikkarriere, die sie nun mit „The Great Distraction“ konsequent fortführen. Das vierte Album ist noch einmal deutlich cluborientierter und mit komplexeren Sounds arrangiert. Viele schwergewichtige Namen standen hier ganz offensichtlich Pate.
Wenn der Opener „Mobilise“ nicht so hervorragend wäre, würde man sich sogar etwas ärgern, dass Jon Hopkins' „Open Eye Signal“ etwas zu deutlich adaptiert wurde. Andere Größen wie Daniel Avery oder Caribou/Daphni schwirren immer wieder vorbei, wenn die Vessels Dancefloor-Peitschen à la „Radiart“ loslassen. Aber vor allen Dingen die neue Detailversessenheit, die vielen Songs innewohnt, bringt immer wieder einen Namen ins Spiel: Four Tet. Und das ist eigentlich nie ein schlechtes Zeichen.
Und doch lässt das ganze Namedropping jetzt vielleicht bei vielen erstmal die Alarmglocken schrillen. Wo bleibt die Eigenständigkeit? Ein berechtigter Einwand, der allerdings durch die Qualität der Produktionen größtenteils beiseite gewischt wird. Und dann sind da ja immer noch die Songs, die durch Guest-Vocals in eine völlig andere Richtung gehen. Wenn Eigenbrödler John Grant mit seiner sphärischen Stimme wie ein Geist über dem großartigen Abschluss „Erase The Tapes“ schwebt oder Django-Django-Sänger Vincent Neff dem flickernden „Trust Me“ Struktur verleiht, dann erreicht die Experimentierfreude der Vessels ihren Höhepunkt. Einzig der Beitrag von The-Flaming-Lips-Kopf Wayne Coyne auf „Deflect The Light“ wirkt etwas deplatziert (hier unbedingt die Version ohne Vocals auf der Single hören!).
Mit dem zweiten richtig guten Album in neuen Gefilden zeigen die Vessels eindrucksvoll, dass eine komplette Neuorientierung manchmal tatsächlich klappen kann. Alles richtig gemacht, kann man da nur sagen, auch wenn viele Fans dem ebenfalls hochwertigen Material aus Post-Rock-Zeiten nach wie vor ein wenig hinterher trauern. Aber wer weiß, vielleicht hat die Band ja irgendwann auch mal wieder Lust, die Regler gegen Gitarren auszutauschen...
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