Rezension

Van Holzen

Regen


Highlights: Alle Meine Freunde // Legere
Genre: Alternative-Rock
Sounds Like: Royal Blood // Queens Of The Stone Age // Drangsal

VÖ: 26.04.2019

Als Van Holzen vor zwei Jahren ihr Debüt „Anomalie“ veröffentlichten, war die Aufruhr groß. Aus dem Nichts kommend war das Album der drei damaligen Gymnasiasten das Erfrischendste und gleichzeitig Überraschendste, was die deutsche Alternativ-Rock-Szene zu bieten hatte. Selbstbewusst, reflektiert und nach Großem strebend, irgendwo zwischen Royal Blood und Queens Of The Stone Age, düster und schwer, lyrisch ausgefeilt und konzeptuell durchdacht. Und wie immer, wenn das Debüt so beeindruckt, sind die Erwartungen an den Nachfolger enorm. Mit „Regen“ legen die drei, nun mit Abitur und Führerschein in der Tasche, ein Album vor, dass diesen mehr als gerecht wird.

Wenn auf „Anomalie“ noch grau-monotone Gitarren federführend waren, lässt „Regen“ auch mal den einen oder anderen Farbton durch, wie den sphärischen Hintergrundgesang und die post-rockigen Gitarren in „Stark“. Trotzdem bestimmt Nachdenklichkeit den Charakter des Albums. Van Holzen vertonen die Sinnkrise der Generation Y, zwischen endlosen Möglichkeiten und maßloser Überforderung: „Ich und meine Freunde haben Angst, weil jeder von uns alles haben kann“, singt Frontmann Florian Kiesling im Opener „Alle Meine Freunde“, und formuliert gleichzeitig die Skepsis gegenüber dem post-modernen Lebensentwurf: „Ich glaube nicht daran.“ Statt mit Studium, Backpacking durch Südost-Asien oder WG-Parties befassen sich die drei Ulmer auf „Regen“ mit Themen, die der Durchschnitts-Abiturient meist gekonnt ignoriert, wie der Privilegiertheit unseres Daseins und der Ignoranz demgegenüber in "Legere", einem der stärksten Stücke des Albums.

Die Riffs sind nach wie vor kompromisslos und direkt, gleichzeitig wird im Vergleich zum Vorgänger der Melodie vermehrt Raum eingeräumt, sodass sich die Songs nach mehrmaligem Hören sogar als kleine Ohrwürmer entpuppen. „Schwimmen“ presst groovig nach vorne, bevor „Alleine“ mit einem düsteren Riff-Gewitter den Groove direkt wieder dekonstruiert, um nach 20 Sekunden in Kopfnickermanier weiter zu marschieren. Der letzte reguläre Track „Schrammbock“ (es folgen noch drei Bonustracks) macht einen kleinen Abstecher in den Hardcore, bevor lieblich-verhallter Gesang und düstere Gitarren übernehmen.

Die Balance zwischen schwermütigem Alternative-Rock und ansatzweise hymnischen Refrains meistern die drei Ulmer ähnlich gekonnt wie Biffy Clyro, der leichte Stoner-Einschlag lässt zurecht Referenzen zu Queens Of The Stone Age aufkommen. Allein hieran sieht man: Der Anspruch ist hoch. „Regen“ kann sich aber in dieser Riege beweisen, denn produktionstechnisch haben die Produzenten Philipp Koch von Heisskalt und Simon Jäger das Optimum rausholen können. Auch mit dem zweiten Album sind Van Holzen mit das relevanteste, was der deutsch(sprachig)e Gitarrennachwuchs zu bieten hat.

Abhilash Arackal

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