Rezension
Van Holzen
Anomalie
Highlights: Herr Der Welt // Nie // Jagd
Genre: Rock
Sounds Like: Royal Blood // Biffy Clyro // Die Nerven
VÖ: 03.03.2017
Eine Bandkarriere im Zeitraffer: Allgemeines Wohlwollen nach ersten Singles. Freude auf's Debüt. Vertrag beim Major. Übertriebener Hype durch selbigen und Teile der Musikpresse, die – je nach Interpretation und Sichtweise – auf den Zug mit aufspringt oder sich vor den Karren spannen lässt. Daraufhin kompletter Bodenverlust im Diskurs der Musiknerds und erst später langsam wieder die gesunde Rückkehr an die Randgebiete der medialen Aufmerksamkeit. Manche Bands brauchen oft viele Jahre, um überhaupt bis zu dem Teil mit dem Majorvertrag zu kommen. Van Holzen brauchten nur ein Elternteil, das für sie unterschreibt.
Auch ohne die seit Razz irgendwie ausgelutschten Schülerband-Witze wäre es ja leicht, sich über die drei Ulmer lustig zu machen, nur eben in den meisten Fällen nicht wirklich berechtigt. Klar triefen Florian Kießlings Texte manchmal fast klischeehaft vor juveniler Wut und Teenage Angst ("Karneval", anyone?). Sicher orientiert sich "Anomalie" in Gänze überdeutlich an Einflüssen wie Biffy Clyro oder Royal Blood. Gemessen an der Entwicklungsstufe der Band muss man aber eben sagen: No shit, Sherlock!?
Denn in was für ranzigen Coverbands beispielsweise Die Nerven (eine weitere beliebte Referenz) nach Schulschluss gespielt haben, will man vielleicht lieber gar nicht wissen und Biffy Clyros Simon Neil textet sogar über 20 Jahre nach Bandgründung eigentlich nur Schwachsinn – fällt nur nicht so schnell auf, wenn's nicht die eigene Muttersprache ist. Und wer weiß, wie viele der heutigen Konsens-Rockbands in zarten Teenagerjahren das konnten, was Van Holzen nun bereits können: Eingängige, aber doch gern vertrackte Songstrukturen entwickeln beispielsweise, oder so manches Riff schreiben (in "Herr Der Welt" etwa), für das selbst Dave Grohl noch anerkennend nicken würde. Potentielle Hits hat "Anomalie" – im Gegensatz zu manchen Vorabsongs – zwar noch nicht wirklich zu bieten, aber dafür einen riesigen Haufen Entwicklungspotential. Zu blöd nur, dass man diese wahre Stärke der Band so gerne übersieht, während man sich den natürlichen Abwehrzaun gegen die Hype-Maschine aufstellt. Man sollte hoffen, dass man Album Nummer zwei unvoreingenommener rezipieren kann, wenn die Industrie ihren nächsten Messias gefunden hat – und der ganze Quatsch von vorne losgeht.
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