Rezension

Turbostaat

Uthlande


Highlights: Rattenlinie Nord // Ein Schönes Blau // Luzi
Genre: Indiepunk // Punkrock
Sounds Like: Muff Potter // Love A

VÖ: 17.01.2020

Turbostaat sind die Konstante im deutschsprachigen Indie-Punk. Seit mehr als zwei Jahrzehnten veröffentlichen die Norddeutschen stetig gute Alben, gelten als eines der Aushängeschilder des Genres und haben eine treue Community. Das alles verband die Band in ihrer letzten Veröffentlichung „Nachtbrot”, einem Live-Album zum 20-jährigen Jubiläum der Band. Ein Jahr später kommt mit „Uthlande” mal wieder eine reguläre Platte heraus, die die treuen Fans nicht enttäuschen dürfte.

Turbostaat sind politisch, das waren sie auf ihrer letzten Platte „Abalonia”, das werden sie immer sein. „Rattenlinie Nord”, die erste Single von „Uthlande”, ist es auch. Mit lauten Gitarren und direkten Texten geht es der Band um mangelnde Aufarbeitung der NS-Geschichte, die Pseudo-Entnazifizierung und die problematisch genervte “Langsam reichts”-Einstellung der Enkelgeneration. Damit erreichen die Husumer ihre Fans schon in den ersten gut drei Minuten. Dass Turbostaat textlich bei weitem nicht immer so direkt sind, zeigt sich im weiteren Verlauf des Albums. Eine Stärke der Band, zwischen direkten und einprägsamen Refrains und Texten, die auf den ersten Blick genügend Fragen aufwerfen. Das Kryptische, was bei uns schon in der Rezension zum 2007er Album „Vormann Leiss” thematisiert wurde, ist Teil der Identität der Band. Jeder Hördurchgang bietet neue Erkenntnisse und Interpretationsversuche, sodass dieser in irgendeinem theoretischen Text Foucaults auftauchende und in irgendeiner Form von Pierre Janet stammende Satz – „Wenn ich nur daran denke, dass dieser Satz in die Ewigkeit eingeht und dass ich ihn vielleicht noch nicht ganz verstanden habe” – selten besser passte. Und wenn Jan Windmeier Zeilen wie „Und drohend guckt der Graukopf // als Bild von deiner Wand // die heilige Muskatnuss // ist die letzte von Verstand” singt, dürfte es eindeutig sein, dass auch er schon ähnliche Gedanken gehabt haben muss.

Aber weg von Möchtegern-Philosophie, die ist eh nicht notwendig, um „Uthlande” zu genießen. Musikalisch klingen Turbostaat auch auf dem siebten Studioalbum, wie man sie kennt. Voranpreschende Gitarren und Drums und Melodien, die zwar hin und wieder an ältere Stücke erinnern, trotzdem nicht aufgewärmt klingen. Bestes Beispiel für dieses Rezept dürfte „Ein Schönes Blau” sein, das sich direkt in die Herzen der Fans spielen wird. Und alleine im Gedanken an aus voller Kehle gesungene Texte wie „Der Tag zu lang // Und ein Leben viel zu kurz // wir können überall sein // nur nicht hier” freut man sich schon wieder auf das nächste Live-Album.

Lewis Wellbrock

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