Rezension

Trip Fontaine

Lambada


Highlights: The Latest Type Of Flu // Bobo Blues // Sparkles
Genre: Post-Core // Indie // New Wave
Sounds Like: At The Drive-In // Minus The Bear // Blackmail // Christiansen // Portugal. The Man

VÖ: 15.10.2010

Ein guter Komiker, meinte mal Schauspieler Danny Kaye, nimmt nichts und niemanden ernst – außer sich selbst. Er musste es wissen, brachte der Gute neben der großen Kunst vor der Kamera auch mal Leute von der Bühne aus zum Gröhlen. Gesungen hat er auch noch. So wie Trip Fontaine. Nicht die einzige Gemeinsamkeit: Denn leiht sich eine Band ihren Albumtitel bei einem brasilianischen Paartanz und wirft dann eine nicht mal sonderlich sonnige Nordseeszenerie als Artwork in die Runde, durch die zu allem Überfluss auch noch ein Öltanker tuckert – dann ist bitteschön ein Grinsen angebracht. Mindestens.

Und noch kein Ende in Sicht: Da schicken die Fünf aus Dudenhofen schon mal völlig schiefe Kinderchöre durch einen Leisetreter von Song, der klingt wie um eine Spieluhr herum gejammt („Wit Taker“). Oder lassen urplötzlich ein leierndes Casio-Keyboard durch einen grimmigen Krachmarsch stolpern. Oder nennen ihre Songs einfach „Mario Basler“. Oder oder oder. Nicht in den falschen Hals bekommen: „Lambada“ ist kein Kabarett, aber es zieht doch immer wieder freche Seitenhiebe aus dem Ärmel, die jedes Mal ein Schmunzeln erzwingen. Miesgelaunt sein dürfen andere, hier herrscht heiteres Freigeistertum – so auch in „Bobo Blues“, eröffnet von einer (!) ärscheaufreißenden Lärmgitarre des Irrsins, dann im vollen Lauf von den Füßen geholt und schließlich in Stufen wieder hochgeschichtet zu einem hirnfickenden Wirrwarr aus debilen Synthies und krummen Gitarren. Kranker. Scheiß.

Fast eingleisig wirken da jene Songs, die nicht so viele Wendungen bieten. Der formidable und sofort packende Einstieg mit „I'll Gain Eternal Life“ zum Beispiel. Das im Plattenkontext fast etwas farblos wirkende „New Sweater“ ebenso. Beim auf Eisteetemperatur herunterkühlenden „Mario Basler“ jonglieren Trip Fontaine dafür dann entspannt mit R'n'B-Beats und spätestens da merkt jeder, wie bunt diese Platte eigentlich ist. Knallbunt. Noch viel farbenfroher als der Sonnenschirm der Familie vom Cover.

Ein etwas schwaches drittes Viertel der Platte zum Trotz: Zu so viel Eigenwillen haben dieser Tage immer weniger Bands die Eier. Dass eine von ihnen aus Deutschland kommt, ist umso schöner. Der vor Herzblut triefende Abschlussstrudel „Sparkles“ untermauert das noch einmal mit clever eingewobenem Glockenspiel. Ein Klatsch auf den Hinterkopf für den, der meint, Humor hätte in Musik nichts verloren. Ja, „Lambada“ – künstlerisch meint diese Band hier jeden einzelnen Ton ernst. Toternst. Und wer jetzt erst lacht, hat ein Humorproblem.

Gordon Barnard

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