Rezension
Tori Amos
Native Invader
Highlights: Chocolate Song // Breakaway // Up The Creek
Genre: Singer-Songwriter // Pop
Sounds Like: Kate Bush // Joni Mitchell // Imogen Heap
VÖ: 08.09.2017
Tori Amos ist wieder auf Kurs: Nachdem sie sich mit ihrem Piano-Pop zeitweise der klassischen Musik annäherte, sind spätestens seit dem 2014er-Album „Unrepentant Geraldines“ wieder reduzierte Singer-Songwriter-Klänge angesagt. Die prägen auch „Native Invader“, das den Fokus in seinen besten Momenten gekonnt auf das setzt, was Amos schon vor sagenhaften 25 Jahren auf ihrem fantastischen Debüt „Little Earthquakes“ ausmachte: ihr treues Klavier und ihre wandelbare Ausnahmestimme.
Das Ergebnis sind einige der besten, weil emotionalsten Songs, die die US-Amerikanerin seit Langem abgeliefert hat: Im unterkühlten Opener „Reindeer King“ raunt sie zu nervös zitternden Arpeggios, in „Cloud Riders“ säuselt sie auf schwebenden Rhodes-Klängen und im minimalistischen „Chocolate Song“ singt sie spielerisch beinahe mehr zu sich selbst als zum Zuhörer. Das hypnotische „Bang“ legt ihr ein Fundament aus rumpelnden Klavierakkorden, Pauken und spärlichen Gitarren, auf dem sie sich mit simplen, aber ungemein effektiven Gesangslinien austobt. Und „Breakaway“ ist in seiner Schlichtheit verdammt nah dran an der Intensität eines „Winter“ und ähnlich eingängig.
Allerdings: Solchen leuchtenden Zeugnissen der Songwriting-Kunst stehen auf „Native Invader“ auch Songs gegenüber, die vor allem durch ihre Arrangements befremden – gerade weil die besten Momente des Albums so wunderbar ohne jedes Beiwerk funktionieren. „Broken Arrow“ etwa will mit Wah-Wah-Gitarren, Orgeln, dröhnenden Synth-Bässen und flüsterndem Gesangs-Echo alles auf einmal und bleibt am Ende trotz guter Ansätze flach. Auch im schwer elektronischen „Wings“ versteckt Tori Amos einen guten Song unter seltsam halbgar wirkenden Bass- und Trommelsounds.
Rundum schlüssig gerät unter den experimentelleren Kandidaten fast ausschließlich „Up The Creek“, das aus Drumcomputer, dem Nötigsten an Bassline, synthetischen Streichern und vervielfältigten, beschwörenden Gesängen ein seltsames Highlight zusammenwebt. So ist auch „Native Invader“ nicht ohne Schatten. Im Ganzen strahlt Tori Amos aber auch auf ihrem 15. Studioalbum immer noch mehr Licht und emotionale Ehrlichkeit aus, als andere in ihrem ganzen künstlerischen Dasein zusammenkratzen können – selbst wenn nicht alle ihrer Experimente von Erfolg gekrönt sind.
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