Rezension
Thurston Moore
Demolished Thoughts
Highlights: Circulation // Orchard Street // Mina Loy
Genre: Folk
Sounds Like: Jason Molina // Bill Callahan // Bon Iver
VÖ: 20.05.2011
Thurston Moore macht ein Folkalbum. So etwas kann auch gewaltig in die Hose gehen: Der naheliegendste negative Konsens ist, dass Moore sich mal lieber auf Sonic Youth konzentrieren und die wirklich gute Folkmusik den wirklich guten Folkmusikern überlassen sollte. "Demolished Thoughts" geht glücklicherweise einen anderen Weg: Es ist ein Folkalbum, aber in keinem Fall ein klassisches – und somit nur schwierig mit anderer Folkmusik in Bezug zu setzen. Ein solches klassisches Folkalbum würde man normalerweise eher in der Richtung des Easy-Listening erwarten – einfache, schöne Volkslieder eben. Das können die neun tiefgehenden Songs definitiv nicht bieten, sie sind von einer tiefen, nachdenklichen Melancholie umhüllt.
"Demolished Thoughts" – schon der Albumtitel lässt erahnen, um was es hier geht, Gedankenfetzen Moores über z.B. verfehltes Glück und dahinschmelzende Zeit, verpackt in komplexe Arrangements. Hier ist auch die einzige Gemeinsamkeit mit Sonic Youth, das Gespür für den grandiosen, außergewöhnlichen Song. Ein gutes Beispiel hierfür ist "Orchard Street", ein siebenminütiger Songdiamant, rohgeschliffen, kantig und doch funkelnd. Die Arrangements unterstützt, das Album produziert und auch noch einige Instrumente gespielt hat niemand anderes als Beck Hansen, ein alter Freund Moores. Harfe und Geige setzen Kontrapunkte zu seinem atmosphärischen Akustikgitarrenspiel, ein Stil, der sich anfühlt wie ein Fluss: ein Fluss, welcher abwechselnd gemächlich und rau sein Bett hinabfließt, Gitarrenspiel oft auf wenigen verschiedenen Akkorden basierend, ab und zu tauchen Melodielinien im Strom auf, dann tauchen sie wieder unter, mal macht ein Seitenfluss eine Biegung um dann wieder zurückzukehren ("January").
Über all dem, mal vorne, mal hinten, steht Moores Gesang, schleicht sich mal an, um sich bald wieder im Hintergrund zu verstecken. All das gibt dem Album eine psychedelische Grundstimmung, ein kleiner Rausch, welcher den Hörer überkommt und in welchem er sich verlieren mag (Geschmacksprobe: "Mina Loy"). War irgendwie auch klar, dass Thurston Moore aus dem, was er veranstaltet, nichts Gewöhnliches macht: Einer der Masterminds der vielleicht coolsten Band der Welt macht nach drei Dekaden im Musikgeschäft, mit mittlerweile 53 Jahren, eben mal ein Folkalbum, und er macht es auch noch brilliant. Das klingt witzigerweise nicht nach 30 Jahren Musikgeschäft inklusive einiger Meilensteine auf dem Buckel – das klingt so, als würde es gerade erst richtig losgehen.
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