Rezension

Thees Uhlmann

Thees Uhlmann


Highlights: Römer Am Ende Roms // Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse Den Fluss Hinauf // & Jay-Z Sing Uns Ein Lied
Genre: Deutschrock
Sounds Like: Tomte // Kettcar // Bruce Springsteen // Bernd Begemann

VÖ: 26.08.2011

Und Maria sagt / 'Du bist immer der erste, der für immer schreit.' / Aber ich bin doch jederzeit für für immer bereit. Das ist Thees Uhlmanns Wahrheit in 21 Worten. Kaum eine andere Textstelle fasst das Wesen seiner ersten Soloplatte so gut zusammen wie dieses Zitat aus „Römer Am Ende Roms“. Das sind große Worte, pathetisch und ehrlich. Das erinnert alles gerne mal an seine Hauptband Tomte, aber oft genug auch nicht. Es gibt nur wenige Lieder, die man sich für beide Bands vorstellen kann. Das liegt nicht nur an dem Gastauftritt des Hiphopmessias' Casper, sondern vor allem daran, dass hier eindeutig die Lederjacke, die schon seit Jahren zu Thees Uhlmanns Markenzeichen geworden ist, ganz offensichtlich das Sagen hat. Die Gesten sind zwar gewohnt groß, doch dominiert hier die erhobene Faust des Stadionrock über den Griff ans Herz. Hier ein fettes Riff, da eine Mundharmonika und verzerrte Keyboardsounds; so stellt sich Uhlmann in die Tradition des derzeit scheinbar allgegenwärtigen Bruce Springsteen.

Das ist Deutschrock. Aber das ist okay, weil es immer noch Thees Uhlmann ist. Er schafft es irgendwie, all das so rüberzubringen, dass man sich fast gar nicht blöd dabei vorkommt, wenn man sich beim Mitsingen von Liedern wie der ersten Singleauskopplung „Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse Den Fluss Hinauf“ erwischt. Für so etwas sind Seitenprojekte schließlich da. Bei Tomte wäre das Stadion fehl am Platz, hier passt es irgendwie doch.

Schade, dass unter der Lederjacke vor allem das Songwriting gelitten hat. Es gibt immer noch tolle Texte, aber sie sind nicht so großartig, wie man es von Tomte gewohnt war. Nur wenige Zeilen möchte man anderen Leuten ins Poesiealbum schreiben und um sie in einer bedeutungsschwangeren Schrift auf Unterarme zu tätowieren, eignet sich keine. Die Perspektive hat sich geändert, statt über Thees' Gefühle und die eigene Sicht der Dinge geht es in den Texten öfter um Kleinigkeiten und andere Menschen mit ihren kleinen Problemen. Das ist an sich nicht schlimm, jedoch geraten die Lieder so manches Mal zu euphorisch für die Alltäglichkeiten, die besungen werden. Hier gibt es Kühe auf den Weiden und Atomkraftwerke dürfte niemanden schocken und ist auch keine allzu scharfe Betrachtung über das Leben auf dem Land. Du kriegst die Leute aus dem Dorf / das Dorf nicht aus den Leuten ist immerhin ein altes Sprichwort und teilweise wahr, aber Jetzt weiß ich / wer du bist / das Mädchen von der Kasse zwei ist einfach der Gipfel der Belanglosigkeit. So sehr hier auch versucht wird, Sympathie für die Verkäuferin vom Schlecker zu erwecken, es funktioniert einfach nicht; die Geschichte ist schlichtweg egal. „Paris Im Herbst“ hätte Thees Uhlmann wohl besser einfach in sein Tagebuch geschrieben, anstatt es auf eine CD zu pressen. Diese Mischung aus Sprechen und Singsang untermalt mit einer maritimen Walzermelodie auf dem Akkordeon und dem instrumentalen Mittelteil ist einfach zu cheesy. Manche Teile des Textes merkt man sich, weil sie schön sind (Ich weiß, wie du aussahst / während du schliefst / und wenn du eine Stadt wärst / wärst du Paris) und andere, weil man sich kopfschüttelnd fragt, was die eigentlich in einem Lied zu suchen haben (Wir sahen Vorstadtbreakdancern zu auf Sacré-Cœur).

Alles in allem birgt die CD nicht viele Überraschungen, sondern ist genau das, was man von Thees Uhlmann erwartet hatte: Lauter als Tomte, weniger Hirn, mehr Herz, eine gestreckte Faust hier und da, Pathos und Euphorie, wohin das Auge reicht: eben endlich Musik, die zur Lederjacke passt.

Lisa Dücker

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