Rezension

Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra

Kollaps Tradixionales


Highlights: Kollaps Tradicional (Bury 3 Dynamos) // I Built Myself A Metal Bird
Genre: Postrock
Sounds Like: Der Soundtrack zum Untergang

VÖ: 05.02.2010

Zwei Jahre ist es jetzt her, dass die damals noch Thee Silver Mt. Zion Memorial Orchestra & Tra-la-la Band genannten Kanadier den Weltuntergangssoundtrack „13 Blues For Thirteen Moons“ veröffentlichten. Ob die Welt seitdem besser oder schlechter geworden ist, darüber lässt sich streiten. Immerhin ist sie immer noch nicht untergegangen. Grund genug für die jetzige Band, die dieses Mal auf den Zusatz „Tra-la-la Band“ verzichtet, wieder einmal mit neuem Material anzutreten. „Kollaps Tradixionales“ heißt das mittlerweile sechste Album des Kollektivs aus Montreal. Die formal in sieben Stücke aufgeteilte Platte enthält knapp eine Stunde neues Material, wie immer schwankend zwischen tieftraurigen, violinendurchsetzten Balladenansätzen und orchestralem Krach.

„There Is A Light“ setzt dort an, wo “13 Blues For Thirteen Moons“ endete. Ein einfaches Gitarrenmotto setzt sich in Gang, fängt auf seinem Weg erste Sprachfetzen Efrim Menucks ein, der nach wie vor nicht so singen kann, wie es normal konsumierbare Musik erfordern würde – aber was ist schon normal bei dieser Band? Dazu gesellt sich die unvermeidliche Violine und mit einem Male sind sie dann alle da, im Kollektiv scheppernd, krachend, streichend. Fünfzehn Minuten hält dies an, ist eindrucksvoll, aber dennoch für die Verhältnisse der ASMZ abgekürzten Band ein eher mittelmäßiges Stück – es bleibt nicht viel hängen, auch nach mehreren Durchläufen. Anders „I Built Myself A Metal Bird“. Schon die ersten Takte preschen derart schnell und melodisch voran, dass die Viertelstunde „There Is A Light“ in Sekunden überholt ist. Es ist, als hätte man den epochalen Einbruch des Vorgängers bei „1.000.000 Died To Make This Sound“ erneut eingefangen, ausgedehnt und mit Dynamik versehen. Erst kurz vor Schluss verliert „I Built Myself A Metal Bird“ an Fahrt, um in den zweiten Teil des Stückes, benannt „ I Fed My Metal Bird With Wings Of Other Metal Birds“, überzugehen. Dieser ist zunächst kaum als „Song“ zu identifizieren, vielmehr scheint ein mehrminütiges Instrumentestimmen aus Versehen auf den Rohling gebrannt worden zu sein. Erst spät gewinnt das Konglomerat an Geräuschen wieder an Form und setzt den Höllenritt bis zum Grande Finale fort.

Was nun folgt, ist eine erstaunliche Rückbesinnung auf die Anfangstage, als reduzierte Klavier- und Streicherkompositionen typisches Merkmal der Band waren. Der erste der drei „Kollaps“-Teile, „Kollapz Tradixional“, greift scheinbar bekannte Motive des Erstlings „He Has Left Us Alone…“ auf, beispielsweise aus „Blow-Out Joy From Heavens Mercied Hole“ oder „Broken Chords Can Sing A Little“. Es scheint, als stehe die Entwicklung des Musikers auf „Kollaps Tradixionales“ still und würde sich vor allem aus einem Fundus bereits verwendeter Ideen bedienen. Das mag vielleicht stimmen, war bislang auf jedem Album die Weiterentwicklung zu spüren, dafür fällt es dieses Mal leicht, deutliche Bezüge zur Vergangenheit herzustellen. In negativen Worten würde man so etwas wohl Stagnation nennen, allerdings ist der Begriff auf dem Level, auf dem sich ASMZ bewegen, unangebracht, insbesondere, wenn dabei etwas wie „Kollaps Tradicional (Bury 3 Dynamos)“ geschaffen wird. Anfangs nur unspektakulär von einer verzerrten Gitarrenspur und einem leichten Zupfen getragen, dauert es knapp zwei Minuten, ehe pathetisches Schlagzeugspiel und – man kann es gar nicht oft genug wiederholen – eine derart markerschütternd sägende Violinenspur den absoluten Abriss einläuten. There is no dream that sings anymore kündigt Menuck in verzweifeltem Gesang an, um später im Chor mit den anderen Bandmitgliedern in einem Sturm der Verwüstung unverständlich schreiend aufzubegehren.

„Pipany Rambler“ dagegen könnte besser nicht platziert sein. Mit gebrochen-heiserer Stimme klagt nun der Gesang. Sehr zurückgenommen präsentiert sich das Quintett, selbst die typischen Ausbrüche wirken gebremst. Nachdem zuvor aufbegehrt wurde, scheint völlige Resignation angebrochen zu sein. Erst in den letzten Augenblicken scheinen die Musiker wieder Kraft zu schöpfen und stellen sich erneut gegen das unbekannte Leid, welches sie seit Jahren einfangen, ausdrücken und immer wieder daran scheitern. Wieder einmal lassen A Silver Mt. Zion die Welt einstürzen und wehklagen, immer entrückter scheint vor allem Efrim Menucks Stimme – für viele sicher nach wie vor das große Hindernis, der Musik etwas abzugewinnen. Vielleicht ist es besser, die Erwartung fallen zu lassen, die Band würde irgendwann wieder tieftraurige, genießbare Instrumentalstücke schreiben. A Silver Mt. Zion klagen Leid, dessen Konsum schmerzt.

Klaus Porst

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