Rezension

The Whitest Boy Alive

Rules


Highlights: Courage // Rollercoaster Ride // High On The Heels // Island
Genre: Indiepop
Sounds Like: Phoenix // Röyksopp // Das Pop // The Postal Service

VÖ: 27.02.2009

Erlend Øye ist schon ein Schlingel. Da wartet die halbe Welt auf ein neues Kings-Of-Convenience-Album und dann gibt der Kerl erst einmal dem Zweitling seiner „anderen“ Hauptband The Whitest Boy Alive den Vorzug. Nach dem grandiosen Debüt „Dreams“ nehmen wir „Rules“ aber mit Kusshand entgegen. Was soll der Lockenkopf auch groß falsch machen mit einer Band, die den verdammten Groove gepachtet hat und eine Coolness ausstrahlt, bei der selbst Tom Cruise wie ein Gesichtsakrobat wirkt? Tausende Indiedancer sind schon zu Hits wie „Burning“ oder „Fireworks“ den Floor entlang gesteppt, dabei waren selbst diese Songs nicht unbedingt zum Tanzen ausgelegt.

Das soll sich mit „Rules“ nun ändern. War der Vorgänger noch das perfekte 5 Uhr morgens Album, soll die Uhr jetzt ein paar Stunden zurückgestellt und die Szenerie von der Bar auf die Tanzfläche verlegt werden. Ob deshalb die Aufnahmen in Mexiko stattfanden, wo das Leben bekanntlich eher wild als laid back ist, darüber kann man nur spekulieren. Fest steht jedenfalls, dass der Plan von The Whitest Boy Alive mehr als aufgegangen ist. „Rules“ ist wesentlich tanzbarer als der Vorgänger, groovt wie Hölle und versucht nicht mehr, bloß elektronische Musik zu imitieren, sondern streckt ihr stattdessen sogar die Hand hin.

„Keep A Secret“ ziert sich zuerst ein wenig, gibt aber dann doch die coole Disconummer und lässt allerhand Elektroloops zu, die man auf dem Debüt, wann immer es ging, zu vermeiden versuchte. Das ist auch der Hauptgrund, warum „Rules“ nicht mehr so homogen, sondern wesentlich facettenreicher klingt. Viel hemmungsloser wird die Gitarre mal durch Keyboard-Samples, wie in den absoluten Hits des Albums „Courage“ und „High On The Heels“ ersetzt. Aber auch der Flirt mit waschechter Housemusik fällt überraschend ernst aus. Zuerst bei dem pulsierenden „Timebomb“ nur angedeutet, berauschen sich The Whitest Boy Alive beim abschließenden „Island“ sogar ganze sieben Minuten daran.

Wer bis jetzt den Relaxfaktor vermisst hat, muss sich dennoch keine Sorge machen. Auch diese Leute werden mit „Rules“ zufriedengestellt werden angesichts solch wunderbar träumerischer Nummern wie „Rollercoaster Ride“ und „Gravity“. Die hätten auch auf die nächste Kings Of Convenience Platte gepasst, aber die Sehnsucht nach diesem Album wird durch das neue Werk von The Whitest Boy Alive zumindest vorübergehend spielend auf ein erträgliches Maß heruntergeschraubt. Und außerdem freuen wir uns sowieso über jeden Ton, den dieser bebrillte Nerd von sich gibt, oder etwa nicht?

Benjamin Köhler

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