Rezension

The Sunshine Underground
Raise The Alarm
Highlights: Put You In Your Place // I Ain't Losing Any Sleep
Genre: Indiedancerock
Sounds Like: The Rapture // The Music
VÖ: 25.08.2006

Myspace hat sich zum Phänomen unserer Zeit entwickelt. Zeitungen berichten fasziniert über den Massenwahn, Schorsch Kamerun hat laut eigener Aussage Angst davor, alle finden es irgendwie nicht so toll, aber jeder hat einen Account, man will ja dazu gehören. Schließlich hat alles auch seine Happy-Meal-Sonnenseiten. Fernab von Millionen von Emogirlies mit Haarreifen, Posingbildern und 2000 Freunden ist die Seite immer noch die einfachste, schnellste und effektivste Methode für junge Bands, Songs im Netz zur Verfügung zu stellen. Endlich bestimmen nicht mehr die Plattenfirmen, was wir hören, sondern wir selber. Das ist Musikdemokratie.
Es scheint fast so, als wollte England uns momentan immer und immer wieder die gleiche Geschichte erzählen. Junge, unbekannte, aber überaus talentierte Musiker ohne Plattenvertrag, die sich über das Internet einen Namen machen. So auch The Sunshine Underground. Diese vier Herren kommen aus Leeds, von übereifrigen Journalisten mal eben zur neuen Musikmetropole deklariert, nur weil ein paar gute Bands dort ihre Heimat haben (Kaiser Chiefs, Forward Russia, Duels). „Forget London!“ „Nö!“
Menschen, die der merkwürdigen Spezies der Clubsteher (das Gegenteil von Clubtänzer) angehören, sollten von dieser Platte besser die Finger lassen. Denn das hier ist Tanzmusik, mal euphorisch, mal depressiv, mal verdrogt, aber immer mit einem Beat, der die Nerven zucken lässt. Die unvermeidliche Frage, die sich immer stellt: Und wonach klingt das? Versuchts mal mit The Rapture, The Music, The Killers, The Bravery, Daft Punk, LCD Soundsystem. Wie, die Frage stellt sich immer noch? Dann nutzt doch mal eben Myspace, zu irgendwas muss es ja gut sein.
Die Stimme von Sänger Craig Wellington ist so ein Fall… Sehr markant, sehr eingängig, aber auch sehr anstrengend. Man kann sie mögen, muss man aber nicht, und selbst wenn man sie mag, kann sie nach längerem Hören unerträglich werden. Immerhin: Unverwechselbarkeit ist gewährleistet. Mangelnde Vielseitigkeit kann man dieser Band auch auf keinen Fall vorwerfen. Indiedance? „Dead Scene“. Indierock? „I ain’t losing any sleep“. Discopunk? “Wake Rave”. Geklaut? Manchmal. Doch, gerade The Rapture scheinen unter der Neonleuchtschriftoberfläche stark durch. Sei es drum.
„Put You In Your Place“ ist dieser Internetsong, der das Interesse an The Sunshine Underground geweckt hat. Zu Recht. Wellington kräht zu staubtrockenen Rythmen, cool as fuck, bis dem Hörer schon die Discokugellichter vor Augen tanzen. Aber was bleibt am Ende? Ein tolles Indiediscotanzalbum oder eine Zuhauseständighörlieblingscd? Vermutlich eher ersteres. The Sunshine Underground sind keine Wohnzimmerband und auch nicht die Innovation des Jahres. Aber sie haben das Zeug, eine der Bands zu werden, zu deren Musik die Hüftschwinger begeistert auf die Tanzfläche stürmen und kräftig mit dem Fuß auf die tollen Beats stampfen. Myspace sei Dank.
Diskutieren
Lesen
Weitersagen
Finden
Bye-Bye
Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!