Rezension
The Irrepressibles
Nude
Highlights: Pale Sweet Healing // New World // Two Men In Love // The Opening
Genre: Chamber-Pop // Synth-Pop
Sounds Like: Patrick Wolf // Antony & The Johnsons // Rufus Wainwright // The Dresden Dolls
VÖ: 25.01.2013
Noch vor drei Jahren mussten die Mitglieder von The Irrepressibles jeden Penny eigenhändig zusammenkratzen, um ihr Debüt-Album „Mirror Mirror“ überhaupt erst auf den Markt zu bringen. Ein schlechter Scherz der Musikindustrie, schließlich hatte man es hier mit der aufregendsten Chamber-Pop-Formation seit Antony Hegarty und seinen Johnsons zu tun. Obendrauf gab es mit Frontmann Jamie McDermott auch noch eine außergewöhnliche Persönlichkeit, die Antony jederzeit das Wasser reichen konnte und das ganze Erscheinungsbild der Band war in ihrem Pomp und ihrer Inszenierung einzigartig. Mittlerweile hat man den Fauxpas glücklicherweise erkannt und die Hürden für das zweite Album waren im Vorfeld nicht mehr so hoch wie beim ersten Versuch.
Paradoxerweise hat dieser Umstand musikalisch zu einem eher negativen Einfluss geführt. Hört man sich „Nude“ an, kommt man irgendwie nicht von dem Eindruck ab, dass es die Band jetzt unbedingt allem und jedem beweisen will. Dazu hat man, natürlich, erst mal elektronische Elemente neu ins Boot geholt. Warum? Weil das heutzutage jeder macht. In diesem Fall aber total unnötig. Nimmt man mal das gelungene Experiment „New World“ aus, wo die Synth-Bässe wirklich hervorragend funktionieren, verwässert der elektronische Sound viele Songs und entzieht ihnen die Strahlkraft, die sie mit einem klassischen Arrangement sicherlich eher gehabt hätten.
Deswegen sind die Highlights auch die Songs, die sich in jeglicher Hinsicht am Vorgänger „Mirror Mirror“ orientieren, und da sticht vor allen Dingen „Two Men In Love“ heraus – das vielleicht beste und klischeebefreiteste Stück, das je über homosexuelle Liebe geschrieben wurde: zuerst sanft mit Piano und McDermotts Ausnahmestimme in Szene gesetzt und dann opulent in einem großen Orchesterreigen zu Ende gebracht. Ein Meisterstück und sicherlich der beste Song, den The Irrepressibles bisher geschrieben haben.
Besonders in der zweiten Albumhälfte dominiert allerdings der neue Klang der Band und nur das wunderschöne Instrumental „The Opening“ lässt noch mal kurz den Blick zurück schweifen. All das erinnert ein wenig an die musikalische Entwicklung von Patrick Wolf, der aus der klassischen Ecke kam, um sich dann mehr und mehr elektronischen Kompositionen zuzuwenden. Das muss nicht schlecht sein, kann bisweilen sogar gut tun, um verstaubte Strukturen aufzubrechen. The Irrepressibles setzen dies allerdings auf „Nude“ (noch) unzureichend um und verlieren ein Stück weit ihr eigenes Gesicht. Um es wieder zu finden, müssen sie nur wieder einen Schritt zurück gehen.
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