Rezension

The Dodos

Visiter


Highlights: Walking // Fools // Joe's Waltz // Paint The Rust // Jody // Ashley
Genre: Lo-Fi-Folk
Sounds Like: Animal Collective // Grizzly Bear // Panda Bear // The Magnetic Fields // Sufjan Stevens

VÖ: 01.08.2008

Wer befürchtet, in naher Zukunft den Überblick zu verlieren, was neue amerikanische Bands mit Tiernamen angeht, wird es vielleicht hilfreich finden, zu erfahren, was Dodos eigentlich so für Tiere sind. Nun: Es handelt sich um etwa einen Meter große, flugunfähige Vögel - und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, starben sie im 17. Jahrhundert aus.

Die gleiche Geschichte in schöneren Worten erzählte am Samstag Nachmittag um zehn vor drei Hein Fokker alias "der Ansager" auf der Hauptbühne des Haldern-Pop-Festivals, die kurz darauf von den Dodos aus San Francisco betreten wurde. Normalerweise beschwert man sich ja pauschal bei jeder Lieblingsband, dass sie nicht abends spielen darf, aber der unsichere Optimismus, den die Dodos sowohl live als auch auf ihrem zweiten Album "Visiter" versprühen, passte eigentlich ganz hervorragend in die Mittagssonne.

"It's That Time Again" heißt einer der kürzesten Songs des Albums, mit dem die Dodos ihr Set eröffneten; aber bevor diese Rezension zu sehr in einen Konzertbericht abdriftet, machen wir lieber mit der Eröffnung des Albums weiter. "Walking" heißt sie und führt bei einem ersten Versuch, die Musik einzuordnen, ohne Skrupel in die falsche Richtung. Ein melancholischer Song auf Akustikgitarre plus Banjo mit wunderschönen ergänzenden weiblichen Vocals, bei denen man an Iron & Wine denken muss. Das Schlagzeug hält sich zurück, und das ist auch der Grund, warum "Walking" keinesfalls exemplarisch für "Visiter" stehen kann.

Denn die Musik des Duos - live hier und da durch einen Keyboarder unterstützt - wird neben Meric Longs Gesang und Gitarrenspiel ganz offensichtlich von Logan Kroebers schnellem, im positiven Sinne hektischen Drumming dominiert. Man hört die Metalvergangenheit Kroebers zwar nicht unbedingt heraus, aber ja: Da ist eine. Bestes Beispiel für die teuflische Verbindung dieser Elemente ist "Fools", das zeigt, wie weit sich die Dodos mitunter von "ihrem Musikstil", den man wohl noch am ehesten Folk nennen würde, entfernen; die Slidegitarre im Refrain des sechsminütigen Krachers "Paint The Rust" scheint auch lieber Punk als Folk sein zu wollen.

Die Fingerpicking-Großtaten "Jody" und "Ashley" sind dafür wirklich Folk. Oder auch nicht. Aber es weiß ja auch eigentlich jeder, wie egal das Genre und erst recht sein Name ist, solange das Songwriting stimmt. Und das tut es auf "Visiter" von der ersten bis zur letzten Minute. Die Dodos sind noch jung und auch nicht direkt vom Aussterben bedroht, was schon jetzt große Vorfreude aufs nächste Album aufkommen lässt. Bis dahin gibt es "Visiter". Und noch länger.

Mario Kißler

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