Irgendwie graute es mir vor dem Album von The/Das. Eigentlich musste das gar nicht sein, denn die "Speak Your Mind Speak"-EP und die techno-lastigeren Veröffentlichungen über das Label Life And Death im vergangenen Jahr waren recht vielversprechend gewesen. Live zwar weniger mitreißend, aber ich konnte mir die Platte ja immerhin noch selbst auflegen und schön laut drehen.

Das Grauen schlich sich erst langsam ein, als mit "Parallel Worlds" ein Einblick ins Album kam. Der Song wirkte cool, sagen wir: unterkühlt – und dabei nicht sonderlich spannend. Aber immerhin sollte das Album ja auch "Freezer" heißen, dem musste man irgendwie gerecht werden. Mit dem Video zu "My Made Up Spook" wurde es dann aber wirklich spooky. War das gespielt gruselig, oder sah man da den echten, kaputten Fabian Fenk, mit viel zu wasserstoffblondierten, zerwuschelten Haaren und tiefen Augenringen irgendwo in Mumbai herumtanzen? Den Clip hatte Fabian spontan mit seiner Freundin im Urlaub gedreht. Die Lobeshymnen bei Veröffentlichung des Videos waren dann sogar von Label-Seite eher zurückhaltend. "Wenn man verliebt ist, macht man manchmal bescheuerte Sachen", schrieben die.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass vielleicht doch nicht alles so schlimm war, wie es schien. Denn die blondierten Haare waren kein 90-Hipster-Ding, sondern eine bewusste Entscheidung für den Aufenthalt in Mumbai und den Dreh des Videos. Fabian wollte nämlich einen klaren Gegensatz zu den Leuten dort bilden, was, wie man im Video sehen kann, wunderbar funktioniert hat.

Von wegen Gegensätze: die bilden auch die beiden Band-Kollegen Fabian und Anton. Meist gibt es zwei Meinungen, wenn die beiden diskutieren. Es könnte passieren, dass der eine "Gabba!" ruft und der andere "Funk!". Dass diese Unterschiedlichkeit dem Album und dem gesamten Auftreten der Band aber gut tut, ist unschwer zu erkennen, zum Beipiel am neuen Video zu "Miami Waters". Darin spielt Anton die Hauptrolle, mit seiner gelassenen, aber bestimmten Art, mit den strahlenden Augen des Kapitäns, der den Horizont absucht. Fabian taucht immer mal wieder als quirliges Etwas auf, am Kliff hängend, mit der Decke über dem Kopf, mit den Füßen baumelnd. Das Video entstand auf der Grundlage einer Geschichte aus Anton Feists Familie. Denn vor einiger Zeit ereignete es sich, dass der Kapitän und Vagabund Friedrich Feist Schiffbruch erlitt und an ein abgelegenes Ufer gespült wurde. So suchten auch The/Das ein abgelegenes Ufer auf und fanden es, mitsamt der verlassenen Hotel-Anlage, die architektonisch ein perfektes Klanggerüst zum klaren und doch verspielten, technisierten und doch natürlichen Sound von The/Das gibt.

Auf Albumlänge gesellen sich noch weitere, dem Grauen den Garaus machende Songs und Soundlandschaften hinzu. The/Das lassen sich Zeit, geben den Klängen teils fast zehn Minuten, um sich zu entfalten, so wie im Schlussstück und Titeltrack "Freezer". Die unterschiedlichen Charaktere der Musiker spiegeln sich in der Verschiedenheit der Songs wieder. Während die Melancholie und düstere, schleppende Art von "Receiver" noch von einer zarten Frauenstimme untermalt wird, brechen gleich im nachfolgenden "Operation Of Chance" die treibenden Beats aus und entführen den Hörer auf geheime Mission im flackernden Disco-Licht. "This Place" prescht mit elektronischen Fanfaren und düster wabernden Synthies nach vorne.

Auch nach dem zehnten Anhören ist das Album noch nicht langweilig geworden – und grauenhaft, wie anfangs befürchtet, schon gar nicht. Ganz im Gegenteil sogar wäre es grauenhaft gewesen, ihm keine Chance gegeben zu haben. Dann hätte ich nämlich diese wunderbar vertrackten, mit einem Hauch von Melancholie bedeckten und vielleicht darum, aus Verdruss, umso treibenderen Tracks nicht zu hören bekommen.

Marlena Julia Dorniak

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