Rezension

Solander

Passing Mt. Satu


Highlights: Generations Lost // Flight // Book Of Advice // Huckleberry Finn
Genre: Folk
Sounds Like: Fleet Foxes // Gravenhurst // Bon Iver

VÖ: 20.05.2011

Intensivste Nachforschungen bei einer gewissen Suchmaschine haben leider keine Antwort auf die Frage erbracht, wo denn nun Mount Satu liegt, der Berg, der auf der zweiten Solander-Platte passiert wird. Doch wer z.B. schon mal 100km von Malmö, der Herkunft des losen Musikerkollektivs, entfernt bei Kåseberga an der felsigen schwedischen Südküste in den hochgelegenen Wiesen umhergestreift ist, kann sich vorstellen, wie eine seiner möglichen Erscheinungen sein mag. "Passing Mt. Satu" ist wie eine Reise, eine Tagesreise, zu Fuß. Ein Tagesspaziergang am Meer, durch Wiesen, deren hohe Gräser der Wind zum Rauschen bringt und durch die die Hände streifen, und durch tiefe Wälder ("I don't know but I think we have to walk", aus "Generations Lost"). Die Wolken hängen tief, und es ist leicht stürmisch, aber doch ist es ein schöner Tag. Weil es am Meer immer schön ist, und weil Solander so einiges richtig machen. Ein beständiger Begleiter des Hörerlebnisses ist die – genau – stürmische Melancholie, welche sowohl die Texte, als auch die minimalistische, aber äußerst tiefe Musik wie ein roter Faden durchzieht. Dieser flüsternde Folk hat das gewisse Etwas, er schleicht sich ins Ohr. Die Kunst Solanders besteht mehr in den Tönen, die ausgelassen werden, als in denen, die man hört. Sie liegt in der Stille. Große Teile des Albums kommen lediglich mit geringer Instrumentierung wie behutsamem Schlagzeug, Akustikgitarre, Glockenspiel sowie einer Geige aus. Letztere ist in ihren molligen, langatmigen Harmonien schlichtweg unglaublich, sie erzeugt eine tiefe, andauernde Spannung und trägt so einen erheblichen Anteil dazu bei, dass dieses Album sich anfühlt wie ein einziger tiefer und ruhiger Atemzug. Kein Song dürfte an einer anderen Stelle sein oder gar fehlen.

Aufgrund der Behutsamkeit der Musik sind die Momente um so besonderer, in denen noch mehr passiert: Wenn wie in "Rhino" das Schlagzeug auf einmal stampft wie ein Nashorn, in "Book Of Advice" auf einmal eine E-Gitarre daherkommt und kurze und knackige Töne blecht. Wenn sich auf einmal eine Orgel oder ein Banjo auf Zehenspitzen anschleicht oder etwas so Simples wie ein Schellenkranz markant zu schellen beginnt wie am Ende von "Flight". "Everyone on this earth dies alone // and so will we" singt Fredrik Karlsson da, folgend auf: "Often times I wonder why it's always you // making me feel better, making me true // often times I wonder why it's always me // waiting for you, down by the sea". Beim Meeresspaziergang ist das die Stelle, an der man sich an die Klippe stellt, und das Meer überschaut – musikalisch fabulös mit Gesangschören untermalt. Überhaupt: Auch die Variablität zwischen Zerbrechlichkeit und Stärke, Höhe und Tiefe, mit der Karlsson den Sturm in die Schranken weist, die Zweistimmigkeit mit Anja Linna – der Gesang schwebt stets noch ein Stück über der Musik, streichelt sich über sie hinweg.

Solander haben ein Album gemacht, welches sich hinter anderen Veröffentlichungen des Genres keineswegs verstecken muss – im Gegenteil. "Passing Mt. Satu" erfindet zwar nichts völlig Neues und wird auch nicht die Musikgeschichte verändern. Aber diese Mischung aus schwedischem Pop und sphärischer Folkmusik, die Leichtigkeit, mit der Solander eine solch durchweg spannende und tiefe Platte voller sich anziehender Gegenpole zaubern, zwischen denen der Hörer frei umherschwebt, in einer Zurückhaltung, die jeden einzelnen Ton zum Fest macht: Das muss erst einmal jemand nachmachen. Eine Platte voll melancholisch umherstürmender Ungewissheit, die nur eines ganz genau weiß – dass sie selbst genau richtig ist. So flüstert Karlsson in den letzten Atemzügen des Albums: "I don't know if the trees will grow // or the grass will get any greener // cause all I can see is that the fields are free // and we ain't going nowhere // nowhere but here" ("Huckleberry Finn"). Also – die Wanderschuhe geschnürt und los geht's.

Daniel Waldhuber

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