Rezension
Pissed Jeans
Honeys
Highlights: Bathroom Laughter // Male Gaze // Cathouse // Loubs
Genre: Noise-Rock // Punk-Rock // Hardcore
Sounds Like: The Jesus Lizard // Flipper // Black Flag // Metz
VÖ: 15.02.2013
Es gibt Musik mit eingebauter Wohlfühlgarantie. Das südländische Gitarrengeplänkel lässt dein Herz vor Freude aufblühen, während ein funkiger Slapbass und karibische Bongoklänge die Hüften lasziv zum Kreisen bringen und dich in paradiesische Gefilde entführen. Mit entrücktem Grinsen nippst du an einem süßen Kokosnusscocktail und wirfst den Alltagsstress einfach mal während 40 Minuten über Bord. Das, was Pissed Jeans hier zusammenhauen, gehört definitiv nicht dazu.
Mit ihrem vierten Album perfektionieren Pissed Jeans aus Philadelphia die Mär vom bösen weißen Mann: Beklemmend und verklemmt, hasserfüllt und unbarmherzig. Wie keine andere Band führen Pissed Jeans das Erbe von The Jesus Lizard fort und spielen fiesesten Noise-Rock. Dass die Texte von Matt Korvette durchaus ernster als die von anderen Bands ähnlicher Prägung sind und sich der Sänger hier auf die psychoanalytische Couch legt, spielt nur eine marginale Rolle. Schließlich setzen die restlichen Musiker einen Bulldozer in Gang, um den Therapieraum mitsamt Wartezimmer dem Erdboden gleichzumachen. Trotzdem wäre es nun falsch, Pissed Jeans als musizierende Halbaffen abzutun. Erstens gehört dieser Titel bereits Hatebreed, zweitens ist es schwachsinnig, jede Musik, die auf Schalmeiengefiedel und Elfengesänge verzichtet, gleich als stumpfsinnig abzuwatschen.
„Honeys“ ist so unbarmherzig, dass vielen die fantastischen Arrangements nicht mal auffallen dürften. Der prügelnde Opener „Bathroom Laughter“ verpasst dem Zuhörer einen Satz heiße Ohren. Die restlichen Lieder oszillieren immer noch zwischen späteren Black Flag („Vain In Costume“), wildem Punkrock („Cathouse“ und „Health Plan“) und einer herrenlosen Dampfwalze („Male Gaze“). Dass das Album mit „Cafeteria Food“ durchaus einige Verschnaufpausen einlegt, dürfte vielen Hörern nicht mal auffallen, da sie bereits in der dritten Runde KO gegangen sind. „Loubs“ ist sogar der wohl beste Blues-Song der letzten fünf Jahre und klingt wie eine von Danzig geführte schwarze Messe in den heiligen Hallen von Amphetamine Reptile. Vorausgesetzt natürlich, man setzt Blues nicht mit Musik von alten Männern mit hässlichen Kopfbedeckungen und neonfarbenen Instrumenten gleich.
Pissed Jeans haben mit „Honeys“ ein weiteres Nischenalbum herausgebracht, das von der großen Masse unbeachtet bleiben sollte. Diejenigen, die allerdings auch nur eine leichte Affinität für Noise-Rock besitzen, müssen zugreifen: Es gibt momentan nichts Besseres auf diesem Gebiet. Und natürlich ist das Album auch fürs Badezimmer geeignet. Vorausgesetzt, du missbrauchst es gerade, um deine verhasste Ex in der Wanne in Salzsäure aufzulösen.
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