Rezension

PeterLicht

Das Ende der Beschwerde


Highlights: Begrabt Mein iPhone An Der Biegung Des Flusses // Der Neue Mensch // Schüttel Den Barmann!
Genre: Elektro-Pop // Singer & Songwriter // Diskurs-Pop
Sounds Like: ClickClickDecker // Tocotronic // Die Sterne

VÖ: 28.10.2011

"Mit jedem Satz, den ich hier verlier, werd ich weniger wahr."

Wie ernst diese Zeile aus "Neue Idee" von PeterLicht gemeint ist? Ist es beißende Selbstkritik? Ironische Eigenreflektion? Oder einfach sinnentleertes Spiel mit Wörtern und Klängen?

Am Ende ist es wohl eine Mischung aus allen drei Aspekten. Damit ist das Feld, auf dem sich PeterLicht seit nunmehr zehn Jahren austobt, recht gut umrissen. Der junge Mann, der in der Vergangenheit darauf bedacht war, sein eigenes Bild aus der Öffentlichkeit fern zu halten, spielt mit Sprache und gießt sie in klangliche Formen. Die Grenze zwischen Gesellschaftskritik und Dadaismus ist dabei eine dünne: "Die große Sonne verbrennt das ganze Geld" – Fingerzeig auf den Zentralismus des Kapitalismus? Oder einfach nur ein Einfall, eine Idee, ein Momentum?

Durch die textliche Unklarheit bleibt selbst beim x-ten Hören noch genug Spielraum zur Interpretation. Zeilen wie "Begrabt, begrabt mein iPhone an der Biegung des Flusses, da, wo in der Mitte der Gesellschaft eine Kausalkette entspringt" lassen das Herz aufblühen. Und davon leben die Songs. Denn musikalisch hat sich Licht seit seinem Debüt 2001 wenig weiterentwickelt. Seichter Elektro-Pop, mit mal mehr, mal weniger "Elektro", dominiert seit nunmehr vier Alben das Bild im Lichtschen Klangkosmos – inklusive Assoziationen zu 80er-Jahre-Bands und Schlagerstars. Auch die überwiegende Mehrheit der Songs von "Das Ende Der Beschwerde" ist wie Fast Food konsumierbar, im Hintergrund weghörbar. Ein wenig elektronischer als der elegische Vorgänger "Melancholie Und Gesellschaft" gibt sich das jüngste Album. Abgesehen von den minimalen klanglichen Unterschieden bildet die simple Musik in allen Fällen einen extremen Kontrapunkt zu den vieldeutigen Texten.

Und an dieser Stelle ließe sich natürlich spekulieren: Ist es Lichts Absicht, mit musikalischen Mitteln des Kommerzes selbigen zu kritisieren (wie beispielsweise der Songtitel "Begrabt Mein iPhone An Der Biegung Des Flusses" erahnen lässt)? Oder spannt Licht hier eine weitere Ebene auf, in der er die Kapitalismuskritik selbst ins Lächerliche zieht? Dass sich Licht der Diskrepanz zwischen Musik und Text – und ihrer unterschiedlichen Wirkungsweisen – bewusst ist, beweisen "Fluchtstück" und "Sag Mir, Wo Ich Beginnen Soll". Sie sind eher rezitativ, Sprechgesang statt Musik. Besonders "Sag Mir, Wo Ich Beginnen Soll" ist dabei äußerst sperrig (ein potenziertes "Fuzzipelz", wenn man so will) – und steht als Opener des Albums zudem an exponierter Stelle. Ein guter Schachzug?

In solchen Kreisen lässt sich unendlich lange nachgrübeln über die Philosophie, die hinter "Das Ende Der Beschwerde" wie auch seinen Vorgängern steht. Am Ende bleiben viele der aufgeworfenen Fragen unbeantwortet. Gut so.

Mischa Karth

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