Rezension

Oneida

Rated O


Highlights: Story Of O // Ghost In The Room // Folk Wisdom
Genre: Experimental // Krautrock
Sounds Like: Tortoise // Fuck Buttons // Liars

VÖ: 10.07.2009

Wie geisteskrank muss man bitte sein, um heute noch ein Triple-Album zu veröffentlichen? Wissen Oneida denn nicht, dass wir schon längst weder ausreichend Zeit noch genügend Aufmerksamkeit haben, um so einen Monolithen bezwingen zu können? Und dann machen es Oneida einem natürlich nicht mal leicht. Hahahaha.... Entschuldigung. Allein der Gedanke an „leicht“ ist angesichts von „Rated O“ geradezu zum Totlachen absurd. Als würden sich die ohnehin schon komplexen Tortoise jede Menge Drogen einschmeißen und einfach mal machen. Das klingt dann ungefähr so:

Disc 1 beginnt mit einem richtig dreckigen Bass. Elektronische Klänge zischen, piepsen, flimmern am Ohr vorbei. Irgendwann schaltet sich ein Rastafari ein, hat aber gegen den Stimmverzerrer nicht so wirklich eine Chance. Das Ganze nennt sich dann „Brownout In Lagos“. Erwähnte ich schon, dass die Platte schwierig ist? „What´s Up Jackal?” erinnert dann zumindest entfernt an die frühen Chemical Brothers. Dafür sorgt die über zwölfminütige Elektrosäge in „10:30 At The Oasis“ sofort schlagartig wieder für Ernüchterung: hier ist gar nichts mehr normal. Hat man sich damit aber erst mal abgefunden (eine andere Wahl hat man gar nicht), dann beginnt „Rated O“ richtig Spaß zu machen. „Story Of O“ sorgt mit seinem vertrackten Percussion Beat und wabernden Samples für einen geradezu tranceartigen Hörzustand. Dass da das abschließende „The Human Factor“ mit fiesem Geschrei am Ende dann wieder unhörbar ist, ändert nichts an der Tatsache. Man hat Blut geleckt.

Disc 2 belohnt das anhaltende Interesse. Es wird leichter. Die Gitarre wird ausgepackt („The River“), es wird bisweilen sogar stonerrockig („I Will Haunt You“) und !!! hätten an „The Life You Preferred“ sicherlich ihre helle Freude. Besonders die unglaubliche Drums/Percussion-Arbeit ist beeindruckend und rückt neben den angesprochenen Gitarren auf der zweiten Scheibe zunehmend in den Vordergrund. „Ghost In The Room“ pumpt beispielsweise dermaßen viele Beats raus, dass das BPM-Messgerät streikt. Dazu abzappeln. Man kann es sich fast vorstellen.

Disc 3 hat dann noch ganze drei Songs in knapp vierzig Minuten zu bieten. „O“ versucht sich an Post Rock mit leidlichem Erfolg und „End Of Time“ ist eigentlich weniger ein Song, als vielmehr die Vorbereitung zu dem ganz großen Meisterstück. Dieses heißt „Folk Wisdom“ und ist 21 Minuten lang schierer Wahnsinn. Ein unaufhörlich steigernder Ohrgasmus (an dieser Stelle ist das dämliche Wortspiel tatsächlich angebracht). Pink Floyd stehen daneben und klatschen begeistert Beifall. Man ist mittendrin.

„Rated O“ ist eine musikalische Grenzerfahrung. Vielen werden eben diese Grenzen hier deutlich aufgezeigt werden und manche haben danach wahrscheinlich gar keine mehr. Wie auch immer, wer mehr über seinen musikalischen Horizont erfahren will, der kann hier nur gewinnen. Dafür lohnt es sich dann auch, ein wenig Zeit und Aufmerksamkeit zu investieren.

Benjamin Köhler

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