Rezension

Múm

Smilewound


Highlights: Toothwheels // Underwater Snow // Slow Down // Candlestick // The Colorful Stabwound
Genre: Ambient // Pop // Elektro
Sounds Like: Björk // Four Tet // Ólafur Arnalds // Portishead // Aphex Twin

VÖ: 06.09.2013

Ihr Labelchef Thomas Morr sagte einst, Múm seien die Mutterband der eng verbandelten Musikszene des Reykjaviker Bezirks 101. Dann wird er sich sicherlich außerordentlich freuen, mit Morr Music jetzt deren neues Album "Smilewound" zu veröffentlichen. Und wir freuen uns gleich mit. Der Tonträger illustriert bilderbuchartig, was Morr meint: Múms buntes Potpourri an Popsongs im experimentellen Gewand von Ambient und elektronischer Musik á la Four Tet, garniert mit allerhand Geräuschen, bietet Inspiration für eine breitgefächterte Menge weiterer Musik. Schon das Bandgefüge Múms, ein loses Kollektiv um das Herz Örvar und Gunni, bietet den Raum für Kreativität und Vielfalt. Weiterentwicklung und neue Einflüsse anstatt Statik stehen bei Múm auf der Tagesordnung. Bei den Aufnahmen zu "Smilewound" spielte so zum Beispiel das zuletzt weniger involvierte Urmitglied Gyda wieder eine wichtige Rolle.

"Smilewound" ist eine von Anfang bis Ende packende Platte voller Spannungen und Gegensätze: Tanzbar und emotional bewegend, eingängig und tiefgängig, treibend und zurückgelehnt, süßlich und brutal. Der großartige Opener "Toothwheels" veranschaulicht, was gemeint ist: Markante Klaviertöne unterstützen den starken Rhythmus, man will automatisch tanzen, doch gleichzeitig nimmt der Song emotional mit, denn eine süßliche Frauenstimme singt "Throw the hammer // Burn the gasoline // We're all toothwheels // In the death machine". Textlich behandeln Múm zumeist verschiedene Formen von Gewalt. "Toothwheels" ist zudem ein guter Indikator, in welche Richtung Múm gehen. Wer diesen Song mag, wird die Platte wahrscheinlich lieben, wer hier ruhig bleibt, eher nicht.

Weiteres Highlight der Platte ist "Slow Down" – ein deeper Elektrotrack, eine Art hibbelige Version von Portishead. Dem folgt ein treibender, hüpfender Synthie-Popsong ("Candlestick"), dem es aber auch nicht an schrägen Melodien mangelt. Auch ein Instrumentalstück fehlt dem Album nicht. Dieses ist in seiner bloßen Funktion als Atempause zwischen den ganzen Beats gut zu gebrauchen, der Songtitel "Eternity Is The Wait Between Breaths" ist zudem ein schöner Gedanke. Mitunter gepitchte Geigensamples, Glockenspiele, Basstöne und weitere Geräusche geben sich die wabernde Klinke in die Hand. Selten hatte isländische Musik so viel Sex-Appeal und verursachte solch starken Bewegungsdrang, so verwundert es nicht, dass sogar Kylie Minogue mit Múm zusammenarbeitete. Der Titelsong "Whistle" zum Hollywoodfilm "Jack & Diane" findet sich als Bonustrack auf dem Album.

Einziger Kritikpunkt an der Platte mag sein, dass der Gesang mit der Zeit zu süßlich wirken könnte. Aber um dem auszuweichen, kann man sich prima vom Beat wegtreiben lassen. Dazu kommt, dass Múm dem selbst den Wind aus den Segeln nehmen, indem sie all die Süßlichkeit in "Sweet Impressions" auf die Spitze treiben: "If you took the time to look at all the signs // you could rest your head just knowing that all is fine." Múm setzen also auch textlich der ganzen Gewalt noch einen dann absurd wirkenden Kontrapunkt. Diese Cleverness (allein schon diese Platte "Smilewound" zu nennen!), der Ideenreichtum, die Tiefe und Leichtigkeit zugleich sorgen dafür, dass dies ein richtig gutes neues Múm-Album ist. Mit Spannung darf erwartet werden, wie und in welche Richtung das Kollektiv vor der nächsten Veröffentlichung rotieren wird.

Daniel Waldhuber

Sehen


Video zu "Toothwheels"

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!