Der ein oder andere vergisst bei Schwedens Überpräsenz leicht, dass auch in den anderen Teilen Skandinaviens, in diesem Falle Norwegen, wunderbare Musik gespielt wird. Da wären Madrugada, die Kings Of Convenience, Washington, Thomas Dybdahl oder eben Minor Majority – nur um die Crème de la crème Norwegens zu nennen. All diese Interpreten haben eins gemein: Sie können einem eigentlich nur gefallen. Sie provozieren nicht, verwenden keine bösen Wörter und lassen meist die E-Gitarren ganz daheim bei Mutti. Nein, ich möchte hier keinesfalls die Musikszene um Oslo weichspülen, nur gehören Dimmu Borgir, Burzum, Gorgoroth und Immortal nicht zu meinen Favoriten. Zu deinen? Dann spar dir am besten die nächsten drei Absätze - es sei denn, du suchst radikale Veränderung.

Trotz der angesprochenen Massentauglichkeit sind Minor Majority offensichtlich noch zu gut für das deutsche Radio, was in ihrem Heimatland nicht der Fall ist. Ganz im Gegenteil, die fünf freundlichen Männer mit Bärten sind dort Superstars. Da fallen dann auch gut und gerne mal ein Dutzend 14-jährige Mädchen in Ohnmacht, wenn Pal, Jon, Harald, Henrik oder Halvor aus dem voll verspiegelten Tourbus winken, zumindest stelle ich mir das nach dem beigelegten Schreiben zur Promo so vor.

Ein Best-Of nach nicht einmal sieben Jahren Bandgeschichte ist also nur logisch und ja, ich meine das nicht mit einem Hauch von Ironie – schließlich gibt es immerhin schon ganze vier Studioalben. Vor allem für unsereins, an denen Minor Majority bisher mehr oder weniger gänzlich vorbeigegangen sind, bietet “Candy Store” einen idealen Überblick über das Schaffen der Norweger. Wem nun auffällt, dass es in einem Candy Shop neben dem fragwürdigen Vergnügen mit 50 Cents Lollypop normalerweise mindestens eine zusätzliche Überraschung geben muss, liegt richtig, denn neben den 16 zärtlichsten Pop-Songs der Band auf “Side A” bekommt der Käufer auf “Side B” (das gesamte Artwork basiert auf der Idee eines klassischen Mixtapes) elf weitere, teils noch nie veröffentlichte Songs zu hören: Ein sehr schönes Extra.

Die Hitdichte auf der ersten CD ist erstaunlicherweise nicht immens größer als auf der beigelegten Raritätensammlung, was eindeutig für die Band spricht. Vor allem “Keep Coming Around” und “Somebody Else’s Baby” haben Potential für die norwegischen Top-20. Beide beinhalten all das, was ein gutes Minor-Majority-Lied auszeichnet. Die Balance zwischen Melancholie und Hoffnung, Eingängigkeit und Charakter, Spaß und Ernst – wie heißt es so schön im Pressetext: ”Zu Minor Majority wird geweint, gelächelt und getanzt.” Das kann man getrost so stehen lassen.

Paul Weinreich

Diskutieren

Lesen

Weitersagen

Finden