Rezension

Middle Class Rut

No Name, No Color


Highlights: Busy Bein' Born // New Low // Lifelong Dayshift // Dead End
Genre: Alternative-Rock // Post-Core // Hard-Rock
Sounds Like: Sparta // Jane's Addiction // ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead

VÖ: 21.01.2011

Wir wissen: Duos machen Bauchmusik. Sprich: Songs entstehen aus dem Gefühl heraus, werden kaum groß zerdacht, sondern dafür in ihrer Rohfassung eingefangen. Zu zweit bleibt auch nicht viel Anderes übrig, soll der ganze Spaß doch auf der Bühne nicht wie ein Abziehbild der Studiofassung wirken. Also: einfach Garagenrock rauszurotzen, der schon auf Platte möglichst blechern und dreckig klingt. Machen die meisten, muss aber nicht sein.

Ruhig mal dicke Grooves mit mächtig Druck wagen, das scheint das Debüt von Middle Class Rut zu fordern. Gut, das hier ein Debüt zu nennen, ist weit her geholt, schließlich ist „No Name No Color“ eher aus EPs und einzelnen Songs der letzten Jahre zusammengewürfelt. Der Beigeschmack ist daher ein wenig fade, nur klingt diese Platte gar nicht zusammengestückelt, sondern stets homogen. Die Produktion prollt mit drückenden Gitarren und schweren Beats, knüpft die Fäden zwischen den Tracks ganz unbemerkt zusammen. Muss nur noch das Songwriting stimmen – und das tut es: Sowohl schnörkellose Kopfnicker („One Debt Away“) als auch peitschende Husarenritte („Alive Or Dead“) gelingen Gitarrist Zack Lopez und Drummer Sean Stockham wie am Schnürchen. Immer irgendwo zwischen grungigem 90er-Rock und modernem Post-Core, immer auf den verdammten Punkt.

Die Würze, die „No Name, No Color“ besonders schmackhaft macht, ist ihr Doppelgesang: Zack singt aggressiver, schreit teils infernalisch, Seans raues, aber klareres Organ übernimmt größere Melodiebögen. Diese Aufteilung ziehen sie durch, ohne vorhersehbar zu werden. Ganz im Gegenteil: Einfarbige Stampfer wie „Are You On Your Way“ zögern ihren Ausbruch ewig lange hinaus, provozieren so schon fast. Bis sie dann nach drei Minuten doch ausbrechen und die Wände mit mächtigen Melodien und kräftigen Farben vollkleistern. An jeder Ecke passiert hier genug, dass an der nächsten schon wieder Spannung herrscht.

So ist „Thought I Was“ ein endlos angepisster Bluesrocker, „New Low“ hingegen ein unverschämt smarter Indie-Rock-Hit für die Jahresbestenlisten. Bei „USA“ geraten sie in wütende Raserei, gleich einer halsbrecherischen Dragster-Fahrt durch den Grand Canyon; der Closer „Cornbread“ macht es sich als staubtrockener Akustikrocker zwischen White Stripes und Black Rebel Motorcycle Club bequem. Und nicht zu vergessen: Das über alles erhabene „Busy Bein' Born“, das diese Band beeindruckend zusammenfasst und ganze Tonnen von Staub aufwirbelt.

Auch wenn „No Name, No Color“ im dritten Viertel etwas strauchelt, bleibt die Platte ein früher Kracher für 2011, ein genreübergreifendes Ausrufezeichen. Denn: Die Zutaten sind alle altbekannt, dennoch schmeckt das Gericht anders. Denn nur einkaufen kann jeder, gut Kochen dagegen ist Kunst.

Gordon Barnard

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