Rezension

Menomena
Moms
Highlights: Plumage // Pique // Giftshoppe // Skintercourse
Genre: Indie Rock // Art Pop
Sounds Like: TV On The Radio // Ramona Falls // Grizzly Bear
VÖ: 19.10.2012

Freud und Leid liegen ja bekanntlich oft nah beieinander. Bei Brent Knopfs Ausstieg aus Menomena war das nicht anders. Auf der einen Seite rückte damit die Wahrscheinlichkeit, schon bald endlich den Nachfolger zu Knopfs famosem Ramona-Falls-Soloalbum „Intuit“ in den Händen zu halten, in greifbare Nähe – auf der anderen verlor eine der wohl geistreichsten Indiebands der Gegenwart mit einem Schlag einen Großteil ihrer Magie. Denn für das Magische, das Mystische, das Märchenhafte war bei Menomena stets Knopf zuständig, während Danny Seim mit seiner Verspieltheit an den Drums meist sonderbar geordnet wirkendes Chaos stiftete und Spencer Harris „seinen“ Songs eine unnachahmlich rotzige Note verlieh.
Dass diese wohl stillschweigend vereinbarte und doch so akribische Arbeitsteilung überhaupt so lange funktioniert hat, grenzt an ein Wunder. Denn auch wenn Gegensätze sich sprichwörtlich anziehen, muss es bei drei derart unterschiedlichen musikalischen Ansätzen, Stärken und Stimmfarben mit der Zeit einfach an die Substanz gehen, permanent zurückstecken zu müssen, um für alle tragbare Kompromisse zu finden. So gesehen dürften die Aufnahmen zu „Moms“ vergleichsweise ein Kinderspiel gewesen sein, gab es doch auf einmal bloß noch zwei Meinungen, die unter einen Hut gebracht werden mussten.
Schon der animalische Opener „Plumage“ macht dann auch sogleich deutlich, dass die Dezimierung der Manpower hier nicht mit einer Neuerfindung der Band einhergeht, sondern im Großen und Ganzen vielmehr alles beim Alten bleibt. So thront Harris' rotzfreches Baritonsaxophon spitzbübisch wie eh und je über Songs wie „Pique“ und „Don't Mess With Latexas“, während Seim insbesondere in „Capsule“ wieder mal ganz schön wild herumexperimentiert – diesmal mit bis zur Kratzbürstigkeit verzerrten Gitarrenriffs, elektronischen Beats und Flötenmelodien. Was zunächst noch relativ handzahm anmutet, mündet am Ende nicht selten im musikalischen Fleischwolf („Giftshoppe“) und wenn mal der Walking Bass ausgepackt wird („Skintercourse“), kommt gleich ein Groove-Monster sondergleichen dabei raus.
Nur die für Knopf so charakteristischen perlenden Pianoklänge und verträumten Balladen sucht man auf „Moms“ vergebens. Denn anstatt sich selbst etwas beweisen zu wollen, beweisen die beiden Verlassenen vielmehr Mut zur Lücke, indem sie gar nicht erst versuchen, ihren ehemaligen Kollegen zu ersetzen, sondern sich stattdessen einzig und allein darauf konzentrieren, was sie selbst am besten können. Und das können sie glücklicherweise immer noch verflixt gut.
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