Rezension

Marsimoto

Ring Der Nebelungen


Highlights: Anarchie // Illegalize It // Ring Der Nebelungen
Genre: Deutsch-Rap
Sounds Like: Quasimoto // Marteria // Seeed

VÖ: 12.06.2015

Im ersten Moment scheint es für Marten Laciny aus seiner kommerziellen Luxusposition heraus reichlich überflüssig, schon jetzt ein neues Album herauszubringen. Erst letztes Jahr konnte er als Marteria schließlich erneut in wenigen Sekunden von 0 auf 100 beschleunigen und dann durch die Verkaufsschallmauer brechen. Warum also jetzt schon ein weiteres Album? Natürlich ist Marteria zwar Marten Laciny und Marten Laciny ist Marsimoto, aber Marteria ist nicht Marsimoto. Das klingt jetzt komplizierter, als es sein soll, also in einfacheren Worten: Ein Marsimoto-Album wie jetzt „Ring Der Nebelungen“ hat sehr wenig mit dem Wohlfühl-Pop-Rap eines Marteria zu tun. Da schlagen eben zwei Herzen in der Brust des Rostockers.

Es gibt sicher eine immer größer werdende Überschneidung von Marsimoto- und Marteria-Hörern, trotzdem ist vor allem das Kifferklientel nur so richtig befriedigt, wenn es den ätherischen Flow des Green-Berlin-Alter-Egos in einem runden Spliff präsentiert bekommt. Genau dieser ist „Ring Der Nebelungen“ auch geworden. Der Bass war bei Marsimoto immer das wahrscheinlich wichtigste Element und schon auf „Tijuana Flow“ stellt dieser auf Erdbebenfrequenz und in Kombination mit einem nervigen Synthesizer Erstkontakt zu den Außerirdischen her. Auf „Anarchie“ geht es genau da weiter und bösartiger Subbass trifft auf Pop-Referenz: „Immer wenn es regnet, muss ich an dich denken // grünes Blut klebt an all euren Händen“. Im Outro wird es dann sogar richtig rockig und ein sägender Synthie klingt wie ein Gitarrensolo. Überhaupt nehmen sich die Songs immer wieder Zeit für ausufernde instrumentale Ausklänge und bringen so eine ordentliche Variabilität rein.

Textlich bleibt Marten Laciny konsequent eklektisch und kryptisch, ohne dass seine Zeilen jemals plump wirken. Da findet sich beispielsweise mit „An Der Tischtennisplatte“ ein eher unüblicher Rückblick auf die eigene Jugend voller grünem Rauch („Hab schon zehn verpasste Anrufe in Anwesenheit“) oder auf „Illegalize It“ wird zynisch gegen die so naheliegenden Gesetzesentwürfe gewettert, damit das Kiffen etwas Exklusives bleiben kann. Der Titelsong ist dann wiederum ein Beispiel, dass die Beats voller karibischer Vibes sind. „Ring Der Nebelungen“ wippt mehr, als dass es rollt. In „Green Pangea“ prügelt der Beat dann wieder und Marsi schafft eine neue Welt auf dem Urkontinent. Toleranz und Liberalität auf dem nächsten Level. Im Unterton findet sich bei Laciny immer noch ein Stück Sozialkritik, wie wenn er auf „Zecken Raus“ die Perspektive wechselt und er subversives Gedankengut karikiert.

Man kann es nicht anders sagen: Das neue Marsimoto-Album ist ein Geschenk für die hiesige Szene. Mit seinen aktuellen Bass-Beats, die sich nicht zu fein sind, durch andere Elemente ergänzt zu werden und die cleveren Kommentare zur Lage der Nation oder einfach direkt zum ganzen All, darf es in keiner Rap-Sammlung fehlen. Dass Laciny den Spagat nach wie vor schafft, ist ein beeindruckender Umstand. Eigentlich hat er nur ein Problem: Wenn er weiter in der Frequenz Top-Alben veröffentlicht, gewöhnt man sich noch dran.

Arne Lehrke

Sehen


"Illegalize It" im Video
"Tijuana Flow" im Video

Finden


Bye-Bye



Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!