Rezension
La Dispute
Panorama
Highlights: Fulton Street I // View From Our Bedroom Window
Genre: Post-Hardcore
Sounds Like: Piano Becomes The Teeth // Listener
VÖ: 22.03.2019
Fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass La Dispute mit „Rooms Of The House“ bisher unbekannte Töne in ihrem sonst sehr intensiven und vorwärtspreschenden Soundgewand anschlugen und so eine weitere Facette freilegten – gleichzeitig aber auch den ein oder anderen Fan der ersten Alben irritiert zurückließen. Diese dürften mit dem nun vierten Studioalbum der Band wieder mit an Board genommen sein. Nicht, weil „Panorama“ den Vorgänger als Fehltritt hinter sich lässt, sondern weil die Band es schafft, neben den in sich gekehrten und ruhigen Momenten von „Rooms Of The House“ die Explosivität der stürmischen ersten beiden Alben „Somewhere At The Bottom Between Vega And Altair“ und „Wildlife“ aufzugreifen, auszupfeilen und in ihrem bisher dynamischsten Werk stimmig unter ein Dach zu bringen. Als neu sticht auf „Panorama” vor allem die visuelle Ästhetik hervor: Ein animiertes Plattencover und animierte Musikvideos geben der Musik ihre eigene Wirkung, die zunächst befremdlich wirken mag, in den musikalischen Kontext gesetzt jedoch stimmig das Gesamtbild ergänzt.
Die Band nimmt den Hörer mit auf eine Autofahrt vom East Hill District in Grand Rapids, Michigan, 16 Meilen über Fulton Street bis in die Ortschaft Lowell. Den Weg, den Sänger Jordan Dreyer regelmäßig mit seiner Partnerin zu ihrem Elternhaus fuhr. „Panorama“ erzählt die Geschichten dieses Weges, die kleinen und großen Tragödien, die sich entlang der Straßen zutrugen. Es geht um Tod, um leblose Körper entlang der Strecke, um Schmerz und Trauer. Dreyer schafft es in seiner typischen emotionalen Storyteller-Manier innerhalb weniger Sekunden eine lebendige Szenerie hervorzurufen und gekonnt Bilder und Stimmungen zu vermitteln. Er zoomt dabei so nah an das Geschehen heran, dass der Kontext oft fragmenthaft bleibt. Musikalisch wird dieser aufgegriffen und mit der notwendigen Härte untermalt, dann aber auch immer wieder in zurücknehmenden, melodischen Passagen eingebettet.
Songs wie „Fulton Street I“, „View From Our Bedroom Window” oder „Footsteps At The Pond“ haben den nötigen Nachdruck, der auf „Rooms Of The House“ oft zu kurz kam, um die Hörer*innen vollends in ihren Bann zu ziehen und sollten auch live wieder für intensives, kollektives Mitschreien sorgen. Die Band schlägt dabei die Brücke von melodischem Post-Hardcore zu dynamischen Indie-Gitarren und pendeln zwischen treibenden, dichten Parts und raumgebenden, offenen Klangbetten hin und her.
Mit „Panorama“ festigen La Dispute ihren Platz als große Storyteller im melodischen Post-Hardcore und werden ihrer Rolle als einer der Vorreiter dieses Genres mehr als gerecht – auch weil sie soundtechnisch ihre Roughness wiederentdecken und diese mit ihren Stärken in den ruhigen Momenten zu einem erstklassigen Album vereinen.
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