Rezension
John Talabot
Fin
Highlights: Depak Ine // El Oeste // Journeys // Last Land // So Will Be Now...
Genre: House // Disco
Sounds Like: Pional // Delorean // Teengirl Fantasy // Ada
VÖ: 27.01.2012
Während alle Welt in den Clubs von Berlin, London und Paris nach neuem Futter für die Electro-Schaltkreise suchte, zog 2009 ausgerechnet ein junger DJ und Produzent aus Barcelona lässig auf der Überholspur an allen vorbei. Zwar hat die katalonische Hauptstadt ein bewegtes Nachtleben zu bieten, aber namhafte Electro-Acts suchte man dort bisher eher vergebens. Dann kam John Talabot und „Sunshine“. Und dann kam auch schon der Hype und eine übertrieben hohe Erwartungshaltung. Das muss man erst mal verdauen und Talabot tat das einzig Richtige. Er nahm sich Zeit, viel Zeit und produzierte in aller Ruhe sein Debütalbum. Jetzt ist es da und trägt den Titel „Fin“ (span. = Schluss, Ende). Das Ende der medialen Aufmerksamkeit kann er damit allerdings nicht meinen, denn die geht jetzt erst richtig los.
Der Spanier schafft gleich mit seiner ersten Platte etwas, was nur auf ganz wenigen elektronischen Alben gelingt: es bleibt die gesamte Spielzeit über spannend. Dafür muss die Musik in der Regel vielschichtig sein, aber John Talabot ist kein Soundfrickler der Marke Four Tet oder Pantha Du Prince. Dennoch ist „Fin“ an Abwechslungsreichtum und Ideen kaum zu überbieten – weil er ein Meister darin ist, geschickt aus Genres zu zitieren, die sich so gut ergänzen, dass man nicht einmal bemerkt, dass man im Laufe von drei Songs mal eben von Disco über House zu Northern Soul und zurück gesprungen ist. Das muss man erst mal hinbekommen, ohne den Eindruck einer Mixing-Compilation zu wecken.
Aber das ist nicht das Einzige, was John Talabot exzellent beherrscht. „Fin“ groovt sich die Seele aus dem Leib und zwar vom ersten Froschquak-Sample des Openers bis zu dem Moment, wenn beim Schlusstrack hörbar das Tape im Rekorder gestoppt wird. Wem alles, was dazwischen passiert, nicht ins Blut übergeht, der...nun, der hat vielleicht doch zu viel Twilight geguckt.
Maßgeblich dafür verantwortlich sind neben allerhand technischer Kniffe wie Slow-Motion-Beats und eiernden Synths nicht zuletzt die sagenhaften Vocal-Samples. Meist unscheinbar unter der Soundoberfläche vergraben, geben sie den Melodien das letzte bisschen Etwas, was die Songs dann durch die Decke kicken lässt. Ganz besonders erwähnt sei hier der ebenfalls als Produzent tätige Labelkollege Pional, der mit seinen souligen Layer-Vocals dem herausragenden Stück „So Will Be Now...“ eine Gänsehaut-Tiefe sondergleichen verleiht.
Der kommt übrigens aus Madrid und mit ihm zusammen rockt John Talabot zumindest gegenwärtig ganz klar die Champions League der elektronischen Musik. Wobei man fairerweise sagen muss, dass mit dem Label Permanent Vacation dann doch noch „Hilfe“ aus München hinzugeholt wurde. Mit den 7€ pro Plattenverkauf ist die vorzeitige Siesta zwar erst mal nicht zu finanzieren, aber mit seinem Debüt stellt Talabot schon früh in 2012 ganz klar Anspruch auf den Titel „Album des Jahres“. Ich habe „Fin“.
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