Rezension
Jens Lekman
I Know What Love Isn't
Highlights: Every Little Hair Knows Your Name // The World Moves On// I Know What Love Isn't
Genre: Indie // Pop
Sounds Like: Pelle Carlberg // Sufjan Stevens // Patrick Wolf // The Ladybug Transistor
VÖ: 31.08.2012
Da ohnehin jetzt, im Spätsommer, schon alle davon sprechen, dass bald der Winter kommt, passt Jens Lekmans neuestes Werk "I Know What Love Isn't" hervorragend in diese melancholische Übergangszeit. Zarte Klavieranschläge, rieselnde Glöckchenmelodien und weich angeschlagene Gitarrensaiten sind immer wieder zu hören. Darüber legt sich Lekmans vertrauenserweckende, wohlig klingende Stimme wie eine warme Decke.
"Every Little Hair Knows Your Name" lautet der Titel des ersten und letzten Songs des Albums. Damit verdienen sie den Preis für die romantischste Liebeserklärung der Platte, auch wenn die Liebe zur besungenen Person sich schon lange verabschiedet hat und nur noch in der Erinnerung existiert. Hauptthema des gesamten Albums ist die Liebe, oder eben nicht die Liebe. Immer wieder wird deren Vergänglichkeit und Scheitern thematisiert. Lekman zählt all die Punkte auf, die für ihn einen Mangel an Liebe bedeuten – alles, was die Liebe abgenutzt und kaputt erscheinen lässt. Da gibt es einiges zu erzählen in den zehn Songs des Albums. Aber so dramatisch es klingen mag, am Ende dieser Aussprache stehen all die Dinge, die nicht genannt wurden und die die Liebe eigentlich ausmachen. Vielleicht muss ein Mensch erst einmal erfahren "what love isn't", um die Augen für all das, was Liebe ist, öffnen zu können. Lekman macht dies in brillianter Weise vor.
Nach dem instrumentalen Opener der Platte wirkt der folgende Song "Erica America" geradezu aufdringlich. Die erste Single des Albums kommt daher mit Paukenanschlägen, Glöckchenspiel und geradezu cheesy Frauengesang, der in hoher Lage "Erica America" von sich gibt und damit Lekmans Stimme übertönt. Wenn dann noch das Saxophonspiel einsetzt, ist der Kitsch perfekt. Da kommt das schräg schöne Klavierspiel in "Become Someone Else's" doch geradezu recht und lässt an alte Glanzstücke des Vorgängers "Night Falls Over Kortedala" denken. Bei all dem Herzschmerz in den Texten fühlt es sich ganz gut an, wenn die Melodien einen Gegensatz zu diesem bilden, so z.B. im Titel "The World Moves On", in dem fröhliches Flötenspiel, zackige Gitarrenmelodien und Fingerschnipsen Lekmans ernüchternde Feststellungen begleiten: "And that's what it's like when you had your heartbroken / The world just shrugs it's shoulders and keeps going / It just moves on in all it's sadness and glory". Die Instrumente verleiten zum fröhlichen Mitwippen, doch wenn man plötzlich wieder auf den Text achtet, trifft der einen mit seiner bissigen Traurigkeit umso mehr.
Jens Lekman erzählt wunderbare, betrübliche Geschichten aus dem Alltag, gespickt mit einiger Phantasie. Von unausgesprochenen Gedanken und zurückgehaltener Wut ("I almost died when you introduced me as a friend / How can you call me a friend! / When you don't love me then please have the dignity to tell me! / I never said any of that"). Vom Wunsch, einfach davon laufen zu können ("In my next dream / I want a pair of cowboy boots / The kind that walks the straight out stand out most loose / Anywhere but back to you"). Oder auch von einer Scheinehe, die ehrlicher zu sein scheint als jede andere Ehe, da beide Partner klar ausgesprochen haben, was sie erwarten ("A relationship that doesn't lie about its intentions and shit").
Insgesamt ist "I Know What Love Isn't" ein schönes Album geworden. Die Lyrics sind durchdachte, kurze Erzählungen, die immer wieder nachdenklich stimmen und zum genauen Lauschen verleiten. Mit der Instrumentierung hält sich Lekman beim neuesten Werk allerdings deutlich zurück. Wo sonst ein Streicher-Ensemble seinen Platz fand, spielt nun eine einzelne Geige, sporadisch ist der Einsatz einer Flöte oder eines Saxophons zu hören. Die Dramatik und die Überraschungen, die "Night Falls Over Kortedala" immer wieder mit sich brachte, fehlen bei "I Know What Love Isn't" vieler Orts. Von Jens Lekman hätte man an der ein oder anderen Stelle noch etwas mehr Raffinesse erwarten können.
Weitere Infos gibts über den eigenen Blog des Herren Lekman, seine Homepage, sowie seine Facebook-Seite.
Sehen
Finden
Bye-Bye
Am 5. Januar 2021 haben wir éclat eingestellt. Mehr Infos hierzu gibt es auf unserer Startseite!