Rezension

High Places

Original Colors


Highlights: Dry Lake // Sophia // Altos Lugares
Genre: Electropop // Dark Wave // Chillwave
Sounds Like: Memory Tapes // Holy Fuck // Atlas Sound

VÖ: 04.11.2011

Das Alter macht bekanntlich nicht bloß kahler und weiser, sondern auch – mag es an einschleichender Altersdemenz liegen? – nachsichtiger alltäglichen Problemchen gegenüber. Die High Places würden diese Binsenweisheit wohl mit einer müden Handbewegung abwatschen, tiefgründig seufzen und einen weiteren vollmundigen Weinbrand schwenken. Obwohl der Umzug von Brooklyn ins sonnige Los Angeles eigentlich anderes erwarten ließe: Die High Places entdecken auf ihrem dritten Album „Original Colors“ die Schwermut.

Bereits der Opener „Year Off“ zeigt: Vom schimmernden, unschuldigen Geplucker des ehemaligen Vorzeigelieds „From Stardust To Sentience“ hat man sich mittlerweile entwurzelt. Trocken und hart arbeitet sich der stoische Beat wie in einem Industrialsong durch die viereinhalb Minuten, während Mary Pearsons entrückter Gesang über Vergänglichkeit sinniert. Erbaulich wie eine Abrissbirne.

Eine Stilkorrektur ist an sich nie weiter tragisch, wäre das Songskelett auf „Original Colors“ nicht größtenteils erschreckend osteoporös: Die meisten Lieder wirken in ihrem Aufbau unfertig und unerwartet simpel. Da hilft auch kein Drum'n'Bass-Beat wie in „The Pull“. Hier fehlt es sowohl an Versatzstücken als auch an einer kreativen Zusammensetzung. Dabei zeigen die High Places immer wieder gute Ansätze. Der verzögerte Hall im Refrain von „Dry Lake“ zerrüttet den metronomisch präzisen Beat. Auch der von links nach rechts oszillierende Gesang am Ende von „Sophia“ bringt Dynamik in die kompositorische Starrheit.

Das einzig wirklich Bemerkenswerte an „Original Colors“ ist deshalb auch die Aufnahme. Bedingt durch die Überschaubarkeit der Arrangements zeigt sich das Album von einer beeindruckenden Transparenz. Jedes Instrument bezieht einen festen Platz im strengen Klangkosmos. Der große Vorteil einer solchen kompositorischen Starrheit: Die Aufnahme ist handwerklich sauber, sogar elegant. Spannender wird die Musik dadurch trotzdem nicht.

In knapp 40 Minuten stößt man sich auch höchstens an der Watte, in die „Original Colors“ reichlich verpackt ist. Das fließt alles schön gefällig vor sich hin. Nur gibt es eben nichts, was das Album von der momentanen Schwemme an Dark-Wave-Veröffentlichungen abhebt. Im Versuch, sich neu zu erfinden, ist den High Places ihre Stärke – das Verspielte – abhanden gekommen. Zumindest in dieser Hinsicht bleibt das Alter unabwendbar.

Yves Weber

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