Rezension

Glasvegas

Euphoric /// Heartbreak \\\


Highlights: Lots Sometimes // Whatever Hurts You... // Stronger Than Dirt
Genre: GlamRock // BritRock
Sounds Like: White Lies // The Kissaway Trail // The Twilight Sad // The Jesus And Mary Chain

VÖ: 01.04.2011

2008 lieferten die Schotten von Glasvegas eines der am meisten beachteten Alben des Jahres ab. In Großbritannien schafften sie es damit bis auf Platz 2 der Charts. Doch was zählt dieser Tage die Leistung von gestern? Drei Jahre sind eine lange Zeit und andere Bands haben Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Noch dazu waren die Live-Auftritte der Schotten – u.a. als Support von U2 – umstritten: Zu kurz, zu dünn, schnell waren kritische Stimmen zur Stelle.

Doch nach diesen intensiven Erfahrungen machen Glasvegas einfach weiter, wo sie aufgehört haben: Mit einem Album aus Zuckerbäcker-Rock und Zartbitter-Glasur, das überzeugen kann. "Euphoric /// Heartbreak \\\" fügt sich nahtlos an das selbstbetitelte Debüt an. Die bisherigen Aufs und Abs des Vergöttert- und Vergessen-werdens haben die Glasgower Band zumindest nicht in ihrem musikalischen Stil beeinflusst. Unmengen an Herz und Pathos wurden eingebettet in ausufernde Gitarrenkaskaden und der melancholische Gesang tut sein Übriges. Es ist eine Schicht aus Glitzer und Glamour, die Glasvegas zeichnen, immer ein bisschen zu dick aufgetragen, zu viel von allem. Aber so ist er, der Traum des kleinen Mannes, der Traum vom großen Glück. Der Bandname war und ist Programm: Glasgow, einstige Arbeitermetropole, trifft auf die ganz große Illusion.

Das lässt einen nachdenklich zurück. Oberflächlich betrachtet verdienen sich die Glockenspiele, die Synthesizer und der über allem wabernde hallende Gesang natürlich Urteile, die den Sound in Schlager-Nähe rücken. Doch so einfach ist es nicht: "Euphoric /// Heartbreak \\\" ist ein Album, das ganz gewaltig schwankt. Weniger in den Songs, als vielmehr in den Gefühlen. Im einen Moment euphorisierend, sind genau die gleichen Elemente im nächsten Augenblick hochgradig deprimierend. In diesem Punkt ist das neue Werk sogar noch überzeugender als der Vorgänger. Die wirklich fröhlichen Nummern ("Geraldine") finden sich hier nicht mehr – am ehesten passt noch die erste Single-Auskopplung "Euphoria, Take My Hand" in diese Kategorie. Ansonsten gilt: Alles ist eine Spur getragener, etwas düsterer, während die Produktion auf einem ähnlich epischen Niveau gehalten wurde. Eins lässt sich schon jetzt prognostizieren: Es dürfte abermals schwierig werden, diesen Sound auf den großen Bühnen der Welt zu rekonstruieren.

Was fehlt, sind die strukturellen Ausbrüche. Gab es auf dem Debüt mit "Ice Cream Van" und "Stabbed" (freie Interpretation von Beethovens Mondschein-Sonate) noch zwei davon, müssen jetzt der Opener und Closer dafür herhalten (französische Frauenstimmen in "Pain Pain Never Again"). Der Rest der Songs ist von der Struktur her relativ ähnlich. Einzig in ihrem Grad an Getragenheit sind sie zu unterscheiden. Von extrem – "Whatever Hurts You Trough The Night" – bis hin zu nicht wirklich – "Shine Like Stars". Aber die potentielle Hit-Single ist wieder mit dabei ("Lots Sometimes") und dass die Schotten nicht mehr zu den größten Prog-Rockern unserer Tage werden, ist inzwischen auch klar. Das ist ok so. Glasvegas machen ihr Ding – und sind auf einem guten Weg.

Mischa Karth

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Album-Trailer
Video zu "Euphoria, Take My Hand"

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