Rezension

Gerard

AAA


Highlights: The Streets // Play/Skip // Fliege Davon
Genre: Pop // Rap
Sounds Like: Sohn // The Streets // Casper // Drangsal

VÖ: 23.06.2017

Gerard bringt sein drittes Album unter seinem Pseudonym heraus, das auf den Zusatz „MC“ verzichtet und berichtet über den Entstehungsprozess ausgiebig in seinem Vlog. Zudem ist es sein erstes Album auf seinem eigenen Label FuturesFuture. „AAA“ könnte damit „Alles Auf Anfang“ bedeuten. Klar ist das nicht.

Auf „AAA“ orientiert sich Gerard wieder an seinem Erfolgs-Album „Blausicht“. Etwas mehr Rap, hin zu seiner Moleskine-Poesie, in der er seine Mike Skinner’schen, unmittelbaren Alltagsberichte mit philosophischen Kleinoden vermengt, die so klingen, als könnte man sie direkt in den Unitisch ritzen. Die besten Songs auf „AAA“ funktionieren nach exakt diesem Muster. „The Streets“ und „Fliege Davon“ erinnern an „Lissabon“ oder „Manchmal“ oder „Irgendwas mit Rot“. Alltagsbanalitäten werden zu starken Narrativen und am Ende mit Federmäppchen-Sätzen für die Ewigkeit veredelt. So verdichtet sich das Ende einer Beziehung in „The Streets“ ganz beiläufig in dem bemerkenswert simplen Satz „Es gibt keine Zeit, nur Prioritäten“. „Fliege Davon“ erzählt von einer Freundschaft, die eigentlich nur noch der Nostalgie halber existiert, während zwischen beiden Freunden ein enormes Ungleichgewicht entsteht, das in „Du sagst, ich überschätz' mein Können. Ich sag, du unterschätzt mein Wollen“ perfekt zusammengefasst wird. Es sind diese Sätze, die aufgrund ihrer Alltäglichkeit und Einfachheit so ein großes Identifikationspotenzial schaffen. Diese Momente gelingen Gerard seltener als auf dem Referenzwerk „Blausicht“. Gerade wenn er nicht von eigenem Erlebten erzählt und etwas abstrakter bleibt, wirken Sätze oft belanglos und banal. „Luftlöcher“ nimmt das Thema First World Problems auf. Ein schöner Gedanke, dessen Ausführung dann aber in so gekünstelten Satzkonstellationen wie „Doch in anderen Ecken dieser Kugel versteckt man sich nicht vor der GEZ, sondern vor Kugeln“ krepiert.

Musikalisch mischt Gerard die Genres munter durcheinander. Immer noch klar als Rap klassifizierbar, orientieren sich die Instrumentals stark am Sound von Drangsal oder Sohn. Ein spannender, musikalisch sehr hörenswerter Mix, der es auch auf „AAA“ immer noch vermag, eine eigene kleine Schublade für Gerard freizuhalten. „AAA“ ist ein gutes Album, aber es kommt nicht an das geniale „Blausicht“ heran und beweist einmal mehr, dass Gerard dann am stärksten ist, wenn er das eigene Erlebte in ausschweifende Erzählungen packt und nachdenkliche Zeilen für die Ewigkeit daraus formt.

Andreas Peters

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"The Streets" von Gerard

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