Rezension
Four Tet
There Is Love In You
Highlights: Angel Echoes // Love Cry // Sing // Plastic People
Genre: Electronic // Pop // Jazz // Ambient
Sounds Like: The Books // Prefuse 73 // Burial // Tortoise // The Field
VÖ: 29.01.2010
Der vielleicht beste Song des vergangenen Jahres wurde kaum wahrgenommen – und das nicht ohne Grund: „Moth“, eine Koproduktion mit früherem Schulgefährten Burial, wurde ohne jede Ankündigung und ausschließlich auf einer begrenzten Anzahl schwarzer Vinyls veröffentlicht. Die Musik sollte ganz im Vordergrund stehen und so ließ das 9-minütige Stück bereits letzten Herbst vermuten, dass Kieran Hebden alias Four Tet sein nicht genug lobbares 2003er Album „Rounds“ im neuen Jahrzehnt tatsächlich noch einmal übertreffen könnte.
Das bisher beste Album des aktuellen Jahres heißt „There Is Love In You“ und wurde mit weitaus bunterem Artwork in allen heute gängigen Formen veröffentlicht. In acht Stücken und einer Spielzeit von etwas unter 50 Minuten hat Hebden gleichermaßen neue Maßstäbe im Bereich Techno wie im Bereich Pop gesetzt, ohne nur einen Moment einen flussstörenden Spagat zu machen – vor Radioheads "Kid A" hielt so macher eine Kombination von Rock und Elektronik für absurd, woran ich diesbezüglich kurz erinnern möchte. Die Zusammenarbeit mit Jazz-Schlagzeuger Steve Reid, die von einem kleinen Experiment zu einer Art erstem Bandmitglied von Four Tet wuchs, nahm offensichtlich großen Einfluss auf den Klang, genauer die Rhytmik von "There Is Love In You", was sich teils ungewohnt, aber immer großartig anhört. So fällt es an der ein oder anderen Stelle schwer zu sagen, ob man gerade zu einer Ballade tanzt oder bei einem Clubhit sentimental wird – aber eigentlich ist das auch egal.
Wer nun nach all dem denkt, Four Tet habe seinem alten Sound den Rücken gekehrt, irrt, denn all die Stärken früherer Werke finden auch diesmal wieder Platz: zuckersüße Vocal-Samples, wunderschöne Gitarrenmelodien und im ersten Moment unscheinbare Details sind nur die ersten drei Dinge, die mir einfallen. Zu Letzteren ist zu sagen, dass Hebden auch diesmal das Format Album als Tagebuch für sich verwendet. Das 12-sekündige "Pablo's Heart" ist beispielsweise ein Geschenk an sein noch nicht altes Patenkind, dessen Herzschlag bei einem Doktorbesuch aufgenommen wurde. Als die Eltern des Kindes eine von Hebdens Liveshows besuchten, spielte er das Pochen für einige Sekunden bei aufgedrehtem Bass: Ein so kleines Herz erfüllt eine riesen Halle mit dem wohl mächtigsten Sound des Abends. Ich persönlich muss unweigerlich an den Albumtitel denken. Es sind zahlreiche solcher persönlicher Verweise, die dem Album eine beeindruckende Tiefe geben.
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