Rezension

Fettes Brot

3 Is Ne Party


Highlights: Für Immer Immer // Kannste Kommen // Kalte Füße
Genre: Hip Hop // Electrotrash
Sounds Like: Cro // MC Fitti // Rummelsnuff // Die Fantastischen Vier // Seeed

VÖ: 01.11.2013

Fettes Brot haben eigentlich keinerlei Kredibilität. Klingt gemein, ist aber eigentlich ihre größte Stärke: Denn wo die Kiffer der 90er Jahre zu den Beginnern oder 5 Sterne Deluxe ihr Pfeifchen pafften, Wannabe-Gangster lieber aggro in Berlin waren und die selbst mit dummen Zoten irgendwann eher K.I.Z. verbunden wurden, waren König Boris, Dr. Renz und Björn Beton immer die wohlbehüteten Mittelstandskids, die Weißbrote (no pun intended) aus Hamburg. Nein, schlimmer: Aus Pinneberg.

Wer mit solchen Karten startet, hat von Anfang an eigentlich thematische und stilistische Narrenfreiheit. Das kann klappen, bestes Beispiel und für jeden Norddeutschen die ewige Herzenshymne: „Nordish By Nature“. Insofern verübelte man es Fettes Brot auch weniger als den meisten anderen, als aus Hiphop mal Dancehall, mal Disco-Trash wurde – bei aller Dorfjugendtauglichkeit von Liedern wie „Erdbeben“ oder „Bettina“ war auch immer mehr als genug Augenzwinkern dabei, dass man den Broten verzieh, hier gerade gemeinsam mit dem Dorfidioten mitsingen zu müssen.

Dass sich das kaum auf einem Album ändern wird, das „3 Is Ne Party“ heißt, wird niemand bezweifelt haben, muss aber auch niemand, der die Vorabsingle „KussKussKuss“ mit ihren geradezu aufdringlichen hahahahas, Knutschgeräuschen und Seeed-Bläsern gehört hat. Trotzdem: Audiolith würde für den Song mindestens die komplette Supershirt-Discographie eintauschen. Weitaus sympathischer, weil angenehm retro ist ein Gute-Laune-Partyhit wie „Kannste Kommen“, der von Kinder- bis 30. Geburtstag wahrscheinlich universell einsetzbar wäre, auch die potentielle nächste Top10-Single „Für Immer Immer“ drückt Nostalgikern aus verschiedensten Gründen ein Tränchen aus dem Auge: inhaltlich eine Aufarbeitung schönsten deutschen „Ich liebte ein Mädchen...“-Songguts, noch gewürzt mit unaufdringlichen Deichkindzitaten (für die jüngeren) und Outkast-Referenzen (für die älteren).

Leider verträgt auch das neueste Brote-Album seine Quoten-Ernsthaftigkeit kaum, die diesmal „Echo“ heißt und auch die Skrillex-Krummbuckelei „Dynamit Und Farben“ (denn „Verbeugung“ kann man hier schon nicht mehr sagen) zeigt, dass selbst für Fettes Brot eine Atzigkeitsgrenze existiert, die tunlichst nicht überschritten werden sollte. „Josephine“ schließlich tanzt nicht so schön luderhaft wie „Bettina“, wird nicht einmal zur selben Art Dorfmatratze werden können wie „Emanuela“. Dem Ruf der Brote werden diese Songs aber ebenso wenig etwas anhaben können, wie „3 Is Ne Party“ ihrem Kosmos wirklich etwas hinzufügt. Kredibilität bekommt man so nicht. Gott sei Dank, möchte man sagen.

Jan Martens

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