Rezension

Ducktails

The Flower Lane


Highlights: Ivy Covered House // Under Cover // Letter Of Intent
Genre: Indie-Rock // Chillwave
Sounds Like: Real Estate // Washed Out // Neon Indian

VÖ: 25.01.2013

Es könnte so einfach sein. Du schnodderst 10 Lieder runter, tourst ein paar Kellerkaschemmen, enterst ein zum Heimstudio ummodelliertes Kinderzimmer, tauschst wahllos Titel sowie Akkordabfolgen und wiederholst die Prozedur, bis dem Bulli die Radachse bricht. Tja, lustig ist das Punkerleben. Leider darf Matthew Mondanile alias Ducktails diesen sicheren Hafen der Rock'n'Roll-Glaubwürdigkeit nicht ansteuern. Erstens ist er wohl zu preppy, um sich überhaupt mit schnöden 5,0 Prozent abzugeben. Zweitens ist seine Hauptband Real Estate gerade sehr erfolgreich. Und da der Ruhm bekanntlich nie sättigt, muss nun das vor sich hindümpelnde Nebenprojekt überholt und auf neue Gleise gesetzt werden.

Also weg mit den alten Zöpfen: War Ducktails früher ein recht unauffälliges Ambient- und Chillwave-Projekt, welches vor allem das kaugummiartige Auseinanderziehen bereits eh zu lang geratener Klangflächen zelebrierte, zeigt Mondanile nun Mut zum nachvollziehbaren und erfolgsorientierten Popsong. Auch das Aufstocken zur Band entpuppt sich spätestens nach zwei Durchläufen als kluge Entscheidung. Während der Opener „Ivy Covered House“ noch so klingt, als hätte er den Sprung auf „Days“ von Real Estate gerade nicht geschafft, zeigen die weiteren Songs, dass „The Flower Lane“ wesentlich mehr Tricks auf Lager hat.

Natürlich wird das verschlurfte Grundgerüst von Real Estate nie ganz abgeworfen, doch ergänzt Mondanile die Musik um Saxophone, Synthesizer und Klaviergeklimper und erinnert damit an die frühen, tanzbaren Aztec Camera. Das kitscht teilweise schon und schippert auch gelegentlich nur haarscharf am sensorischen Overkill vorbei. Trotzdem kann „The Flower Lane“ nur mit „Planet Phrom“ einen wirklichen Aussetzer verbuchen – und das eigentlich auch nur wegen dem dümmlichen Text über Weltallreisen und Alienfreundinnen. Der Rest des Albums groovt dagegen, nicht zuletzt wegen den faustdicken Basslinien, unverschämt. Man höre sich nur mal das entrückte Duett „Letter of Intent“ mit Jessica Farcas an und versuche, beim hochschraubenden Refrain nicht entrückt aufzuschluchzen. Ein Ding der Unmöglichkeit.

„The Flower Lane“ ist ein Kuriosum: Eine gelungene Neuinterpretation, die sich nicht vor der Glättung sträubt und trotzdem nie aufgezwungen wirkt. Natürlich wird irgendjemand genau in diesem Moment erbost zur Tastatur greifen, um gegen den Ausverkauf seiner geliebten Blubber- und Waberklänge der Vorgängeralben anzutwittern. Allen anderen dürfte „The Flower Lane“ dagegen heimelige Schauer über den Rücken laufen lassen, während die alte Tante Chillwave ein letztes Mal in voller Pracht erblüht.

Yves Weber

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"Letter of Intent" streamen
www.soundcloud.com/dominorecordco

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