Rezension
Disclosure
Settle
Highlights: When A Fire Starts To Burn // White Noise // Help Me Lose My Mind
Genre: UK-Garage
Sounds Like: Katy B // Jamie Woon // Jessie Ware // Eliza Doolittle // Artful Dodger // Craig David // Hurts // Sam Sparro
VÖ: 31.05.2013
Im Grunde sind Disclosure ziemlich weit weg von Daft Punk, und doch gibt es mehr Gemeinsamkeiten, als dass der Bandname mit D beginnt. Zum einen konnte man den Eindruck gewinnen, dass manch ein Online-Magazin in letzter Zeit ebenso viele Artikel über die beiden jungen Briten wie über die beiden älteren Franzosen veröffentlichte. Zum anderen haben “Random Access Memories” und “Settle”, das Albumdebüt von Disclosure, ähnliche Schwachpunkte. Beide sind im Prinzip gut, und doch bleibt bei aller Begeisterung ein schaler Beigeschmack.
Sieht man Fotos der Brüder Guy und Howard Lawrence, ist man versucht, sich auf ihre bubenhaften Gesichter zu konzentrieren und vergisst dabei, dass die beiden im letzten Jahr nicht nur SBTRKT, sondern auch Hot Chip supporteten. Vielleicht ist dies der Grund, dass die Bilder zum Album alle mit stilisierten Masken digital verändert wurden.
Schon die vorab veröffentlichten Songs “Latch”, “White Noise”, “You&Me” und “When A Fire Starts To Burn” verdeutlichen die Qualität der Produktionen der beiden Brüder. Sie zeigen zudem, dass Disclosure tief verankert sind in der britischen Clubmusik, im UK-Garage der letzten 25 Jahre und auch dem Synthpop der 1980er. Dies vermögen sie in häufig ziemlich altmodische und ungemein poppige Arrangements zu gießen, welche dann durch die hinzugezogenen Vokalisten noch einmal deutlich aufgewertet werden. Damit stehen die beiden Brüder nicht allein, sondern müssen sich unter anderem mit Katy B, Jessie Ware und Jamie Woon messen – von denen die letzten beiden als Vokalisten auch hier auftreten. Je altmodischer und poppiger die Songs auf “Settle” nun sind, umso mehr überzeugen sie. Je mehr die beiden Brüder den Pop und die Geschichte ihres Genres hinter sich lassen, desto schwächer ist die Platte.
Das absolute Highlight liefern Disclosure mit “When A Fire Starts To Burn” gleich zu Albumbeginn. Wie Alabama 3 vor ihnen, nutzen sie die Intensität eines Südstaatenpredigers in Verbindung mit klassischen Garagesounds und schaffen so eine wahre Clubhymne. Ähnlich gut gelingt “Latch”, das doch stilistisch weit entfernt ist von der Albumeröffnung. Sam Smiths Gesang klingt hier wie Sam Sparro, und der Song wird zu einer sanft hüpfenden Soul-Step-Nummer, die so auch schon zu den Hochtagen des 2Step das UK begeistert hätte. Ob es hierzulande die Massen im verdienten Maße begeistern kann, sei dahingestellt.
Aus den Tiefen der Garagegeschichte zehrt auch “White Noise”, das aber dank des Gespürs der Gebrüder Lawrence für einfache und äußerst effektive Beats zu einem perfekten und zeitgemäßen Update klassischer Garage-Strukturen wird. Wirklich groß aber wird der Song erst durch Aluna Georges mal schüchternen, mal entschlossenen Gesang. In ähnlichen Fahrwassern manövrieren Disclosure unterstützt von Sasha Keable mit “Voices”, das jedoch nicht ganz so überzeugt. In poppiger und fesselnder Qualität reicht nur noch der Albumabschluss “Help Me Lose My Mind” an “White Noise” heran. Unterstützt von London Grammar entsteht eine sanfte Synthpopnummer, die den Hörer entspannt und glücklich aus “Settle” entlässt.
Unter den vorab bekannten Nummern ist “You&Me” unter Umständen die schwächste. Unterstützt durch Eliza Doolittle entsteht eine clubtaugliche Popnummer, die auf keinem Radiosender stören würde und deren vordergründige Seichtheit auch durch die – durchaus gefallenden – gebrochenen Beats nicht vollkommen aufgehoben wird. Ziemlich identisch lässt sich über “Confess To Me” schreiben, bei dem Eliza durch Jessie Ware ersetzt wird, doch irgendwie geben die leicht angetrancten Elemente dem Stück die nötige Kante, die es vor übermäßiger Seichtheit bewahrt.
Zu den erwähnten Hits gesellen sich leider auch eine Reihe Nummern, die nicht so ganz oder sogar gar nicht zünden wollen. Nichts davon ist wirklich schlecht, aber zwischen den mitreißenden Hymnen und den einfach gelungenen Popnummern wirkt vieles doch arg schwach und lässt einen fragen, ob die Brüder Lawrence mit den überragenden und zum Großteil schon vorab veröffentlichten Nummern zu Albumbeginn und -ende im Grunde ihr Pulver verschossen hatten.
“Settle” als Album lebt nicht zuletzt von den Vokalisten, die Disclosure auf ihren Tracks unterstützen. Mit Jessie Ware, Eliza Doolittle und Jamie Woon konnten Künstler gewonnen werden, die allein durch ihr Auftreten schon für Publicity sorgen. Allerdings wäre es zu einfach, die Qualität des Albums an den Vokalisten festzumachen. Tatsächlich besitzen Disclosure ein ausgesprochenes Gespür für Beats, die zwar altmodisch sein mögen, aber modern wirken, die sowohl im Club wie auch im Radio und sogar auf Albumlänge funktionieren. “Settle” mag die ein oder andere Länge aufweisen, aber die Hits der Platte lassen einen darüber leicht hinwegsehen, und das Disclosure-Debüt wird so zu einem wirklich überzeugenden Pop-Bassmusik-Album.
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