Rezension

Deerhunter

Why Hasn't Everything Already Disappeared?


Highlights: Death In Midsummer // Element // What Happens To People?
Genre: Indie // Pop
Sounds Like: Atlas Sound // Lotus Plaza // No Age // Women

VÖ: 18.01.2019

Für ihre Verhältnisse haben Deerhunter ganz schön lange nichts von sich hören lassen. Nach dem letzten Album „Fading Frontier“ vor 3 ½ Jahren gönnten sich die Bandmitglieder erst mal eine ausgedehnte Pause, denn auch in den Nebenprojekten von Bradford Cox (Atlas Sound) und Lockett Pundt (Lotus Plaza) hat sich in der Zwischenzeit nichts getan. Immerhin war die Band aus Atlanta im Sommer letzten Jahres auf diversen Festivals vertreten und hat dort bereits fleißig Songs ihrer neuen Platte gespielt. Diese trägt mit „Why Hasn't Everything Already Disappeared?“ einen ziemlich rätselhaften Titel und tatsächlich lässt einen das neue Material ebenfalls etwas ratlos zurück.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Das Album ist alles andere als schlecht geworden. Es beginnt sogar mit einem der wahrscheinlich besten Songs, den die Band je geschrieben hat. „Death In Midsummer“ startet verhalten mit Cembalo und Klavier, ehe sich das Stück immer weiter steigert, verzerrte Gitarren zum Solo ansetzen und schließlich die ganze Sause smooth heruntergefahren wird. Ein fantastischer Song und typisch Deerhunter. Auch das nachfolgende „No One's Sleeping“ reiht sich vom Sound her nahtlos ein. Dann sorgt das zweiminütige Instrumental „Greenpoint Gothic“ erstmals für Verwirrung. Eine synthielastige Nummer, die zwar nett daherkommt, aber irgendwie dem Album einen harten Cut beschert. Zum Glück geht es im Anschluss qualitativ hochwertig weiter. „Element“ und „What Happens To People?“ stehen für das, was Deerhunter eigentlich so groß macht: verspulte Anti-Popsongs mit unverschämt catchy Melodien.

Dann beginnt allerdings die zweite Albumhälfte, die deutlich hinterherhinkt. Der Totalausfall „Détournement“, in dem Cox mit Stimmverzerrer wie ein wirrer Außerirdischer wirkt, ist schon ärgerlich. Schlimmer ist aber, dass die restlichen Songs einfach nicht zu Ende gedacht und überhastet auf die Platte gepackt wirken. „Futurism“ und „Plains“ enden völlig abrupt und ein weiteres Instrumental („Tarnung“) hat das Album bei der ohnehin kurzen Spieldauer nun wirklich nicht gebraucht. Immerhin kriegt der Schlusstrack „Nocturne“ noch einigermaßen die Kurve, auch wenn hier ebenfalls die Ideen nach kurzer Zeit auszugehen scheinen.

„Why Hasn't Everything Already Disappeared?“ ist ein ganz seltsames Album geworden. Einerseits liefern Deerhunter einige Trademark-Songs, die der Musiklandschaft in den letzten Jahren wirklich gefehlt haben. Insgesamt ist dieses Mal aber auch einfach zu viel halbgares Zeug drauf und man muss die Frage stellen, ob etwas mehr Ausarbeitung nicht besser gewesen wäre. An die vergangenen Großtaten, ob „Monomania“, „Halcyon Digest“ oder „Microcastle“, reicht die neue Platte jedenfalls nicht ran.

Benjamin Köhler

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