Rezension

Dan Deacon

America


Highlights: Lots // Pretty Boy // USA I-IV
Genre: Dance // Noise
Sounds Like: Animal Collective // Caribou // Dirty Projectors

VÖ: 24.08.2012

Man muss sich Dan Deacon als eine Art verrückten Professor vorstellen, einen Spinner, welcher seine Zeit lieber mit seinem Chemie-Baukasten als mit seinen Freunden verbringt – nur, dass Deacons Element die Musik ist, und seine Konzerte zu riesigen Partyspektakeln ausarten, auf denen jeder für anderthalb Stunden miteinander und mit Deacon befreundet ist. "Bromst", die letzte Platte, schaffte es, die Idee dieser Spektakel zu konservieren. Wer zu "Woof Woof" z.B. stillhalten kann, sollte sich fragen, ob er noch ganz bei Sinnen ist.

Die neueste Ausgeburt des Deacon'schen Soundlabors nun ist "America". Der Titel schon könnte kaum größer gewählt sein. Deacon selbst nämlich sieht in seinen Live-Spektakeln das Keimen spontaner Bewegungen und scheut nichtmal vor dem Vergleich mit der Occupy-Bewegung oder dem arabischen Frühling – genau, ein Spinner. Die neue Platte nun soll der Soundtrack zu dieser Empfindung sein. Hier treffen düstere, nahezu apokalyptische Lyrics auf ekstatische Beats. Die Verzweiflung der Lyrics wird sozusagen zuckend vom Sound hinfortgerissen. Hierbei sind die Beats immer eine Spur zu gewaltig, um fassbar zu sein, teilweise gewohnt übersteuert. "America" eignet sich kaum als Begleitmusik für andere Aktivitäten, zu eindringlich, zu einnehmend ist es, und in seiner Heftigkeit auch nicht immer zu ertragen. Leitet es in der richtigen Stimmung zum inneren Ausrasten, so kann es in der falschen gewaltigen Kopfschmerz anstoßen.

Interessant ist der Ansatz, den Deacon verfolgte: Er spielte mit verschiedenen Musikern und verschiedenen Instrumenten die verschiedenen Songs ein. Dank seiner hervorragenden Fähigkeit als Komponist wirkt das Album trotzdem homogen und klingt voll und ganz nach Dan Deacon. Hervorzuheben ist der opulente, vierteilige Songzyklus "USA", welcher das Album beschließt. Deacon fühlte sich durch seine vielen Touren durch das Land zu diesem Track inspiriert, der Text behandelt laut ihm selbst "die Zerstörung des Lands und das Gefühl, entmachtet zu sein, weil man den Bezug zur Natur und zur Heimat verliert". Ein 22-köpfiges, virtuoses Ensemble begleitet dieses düstere lyrische Thema jedoch mit einem jubelnden musikalischen Thema.

Deacons "America" wühlt auf, wühlt durch, verwirrt. Es liefert viele Fragen, Zwiespälte, Spannungen, allein zwischen Text und Musik. Ein weirdes Konstrukt, wie es unverkennbar nur Dan Deacons positiv verrücktem Hirn entspringen kann. Wir sind gespannt, welche Windungen sich in der Zukunft so offenbaren und welches Spektakel die "America"-Tour bieten wird.

Daniel Waldhuber

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