Rezension

Crocodiles

Endless Flowers


Highlights: Sunday (Psychic Conversation #9) // Electric Death Song
Genre: Noise Rock // Psychedelic // Sixties
Sounds Like: The Jesus And Mary Chain // Echo And The Bunnymen // Crystal Stilts

VÖ: 01.06.2012

„I Wanna Kill“ war ein Hit. Nicht, weil die Crocodiles sonderlich begnadete Songschreiber wären – das sind sie nämlich nicht. Nein, das Lied war solch eine dreist zusammengeklaubte Collage ungleich großartigerer Vorbilder („Head On“ von The Jesus And Mary Chain und „Then He Kissed Me“ von den Crystals), dass einem das, was aus den Boxen hervorquoll, fast wie ein postmodernes Possenstück vorkam. Und da das Internet bekanntlich nicht vergisst, waren die Crocodiles zum ewigen Dasein als Epigonen von The Jesus And Mary Chain verdammt. Da half auch das zweite Album „Sleep Forever“ nichts, welches den Horizont der Band Richtung Psychedelic und Krautrock öffnete.

Mit „Endless Flowers“ veröffentlichen die Crocodiles ihr drittes Album und wagen eine erneute Stilöffnung hin zur kaleidoskopischen Popmusik der sechziger Jahre. Das ist löblich. Problematisch bleibt, dass das Songwriting der Band immer eine Altlast mit sich rumschleppt: Die Refrains taugen nichts. Gerade durch die Wiederholung sollten diese der melodische Fixpunkt eines Liedes sein. Die Crocodiles übertreiben es mit dieser Einsicht und wiederholen einen einzelnen Satz (vorzüglich den Titel des Liedes) einfach unzählige Male. Das soll melodisch sein und ist doch einfach nur langweilig und plump. In den schlimmsten Fällen wie bei „Bubblegum Trash“ sind die Refrains schlichtweg nervenaufreibend und zerstören durch mangelndes Fingerspitzengefühl die in den Strophen aufgebaute melancholische und durchaus ansprechende Stimmung.

Gut funktioniert die Band hingegen, wenn sie sich auf sicherem Terrain bewegt: Die stampfenden Drums von „Sunday (Psychic Conversation #9)“ bilden eine willkommene Abwechslung und geben dem im Midtempo dümpelnden Album den nötigen Arschtritt. Natürlich klingt die Band gerade in diesen Momenten noch extrem nach Jesus And Mary Chain. Allerdings muss man nach dem Ertragen von nicht sonderlich gelungenen 60s Popsongs wie „No Black Clouds For Dee Dee“ zugeben, dass einem eine dreiste Kopie doch lieber als ein misslungenes Original ist. Auch „Electric Death Song“ ist ein Uptempo-Song, der genug Dampf macht, um den missratenen Titel-Refrain vergessen zu lassen.

„Endless Flowers“ ist ein mittelmäßiges Album mit größtenteils mittelmäßigen Songs. Die Crocodiles wissen wohl, dass sie nicht die begnadetsten Songwriter der Welt sind und werden auch fürs nächste Album ein neues Musikgenre in Angriff nehmen. Nur wird es auch dort wieder andere geben, die melodiöser, abenteuerlustiger und klüger sind.

Yves Weber

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