Rezension

Colin Stetson

Sorrow – A Reimagining Of Gorecki's 3rd Symphony


Highlights: I // II // III
Genre: Klassik // Postrock
Sounds Like: Henryk Mikołaj Górecki // Godspeed You Black Emperor // Esmerine

VÖ: 08.04.2016

Vorab etwas Wikipediawissen zur Einordnung: Henryk Mikołaj Górecki war ein polnischer Komponist des 20. Jahrhunderts. Seinen größten Erfolg feierte er, nachdem seine 1976 geschriebene 3. Sinfonie im Jahre 1992 neu aufgenommen wurde. Der vollständige Titel lautet „Symfonia pieśni żałosnych – Sinfonie der Klagelieder“. Drei Stücke umfasst das Werk. Diese Klagelieder sind zum einen Ausdruck tiefer (katholischer) Religiosität, beinhalten thematisch ein Klagelied aus einem Kloster des 15. Jahrhunderts (erster Teil), ein Gebet eines Häftlings aus dem Gestapoquartier in Zakopane (zweiter Teil) und drittens ein oberschlesisches Volkslied aus der Zeit der polnischen Aufstände.

Genau diese 3. Sinfonie hat nun der Musiker Colin Stetson erneut aufgegriffen und aufgenommen. „Sorrow“ heißt das Resultat und ist in vielerlei Hinsicht beachtenswert. Die Basis der schlicht „I“, „II“ und „III“ betitelten Stücke bildet eine eins-zu-eins-Kopie des Vorbildes von Górecki durch seine Labelkollegen von Constellation. Den weiblichen Gesangspart der Klagelieder setzt dabei mit eindringender Stimme Stetsons Schwester um. Darüber allerdings modifiziert Stetson das Werk – und macht es um Längen interessanter. Stetson verschafft dieser Sinfonie einen Postrockumhang, samt üblicher Laut-Leise-Wechselschemata. Dabei holt er zusätzliche Tonspuren bislang noch nicht verwendeter Instrumente mit ins Boot.

Insbesondere durch die entfaltete Wucht des Schlagzeugspiels bekommt die Sinfonie so eine besondere, tiefgreifende Note. Deutlich zu merken ist dies schon im ersten Stück. Während die sehr reduzierte Instrumentierung des Intros erst beim mehrmaligen Hören überhaupt bemerkbar ist, wird durch einen Break ein vielfaches an Lautstärke aufgefahren. Im Original geht hier ein sehr leises Intro in ruhiges Streicherspiel über – Stetson setzt direkt ein Ausrufezeichen. "I" und „Sorrow“ insgesamt wird so zu einem interessanten Experiment – die „moderne“ Umsetzung eines klassischen Stoffes und dieses gelingt vollkommen.

Klaus Porst

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Ausschnitt aus "I"

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